Der Schütze von Sanssouci

henriko37

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12 August 2011
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Der Schütze von Sanssouci.


DasLeben mit einer Göttin – Erkenntnisse und Bekenntnisse aus achtJahrzehnten“-


Autor:Harry Popow


(Neubearbeitungund Neuauflage April 2023)

  • Format: Taschenbuch 125x190 Softcover 90g creme, matt
  • 704 Seiten
  • Erscheinungsdatum: 04.04.2023
  • ISBN: 9783757535292
  • Sprache: Deutsch
  • 24,99 € inkl. MwSt.
  • Verlag: neobooks.com ist ein Dienst der Neopubli GmbH, Neopubli GmbH
    Köpenicker Str. 154 a
    10997 Berlin​
  • Geschäftsführer: Sebastian Stude
    Handelsregister Charlottenburg, HRB 108995 Umschlaggestaltung: © CopyrightNeopubli GmbH​

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Ein Schützendasein

Buchtipp von Lotti

Ehrlichergeht es nicht. In diesem biographischen Bericht erfahren wir dieGedanken eines Zeitzeugen, eines Offiziers der NVA, der drei gesellschaftliche Etappen der deutschen Geschichte durchlebte:
-Faschismus, dargestellt an den letzten Jahren des ZweitenWeltkrieges,

-40 Jahre DDR - vom Optimismus der Aufbaujahre bis zum Unvermögen,den Staat mit den hochgesteckten Zielen zu erhalten,
- und derWende/ Nachwende als Negation seines bisherigen Lebens- undMenschenbildes.

Durch die kritische Sicht auf das neue Staatsgebilde BRDsowie durch persönliche Erlebnisse und Begegnungen lernte er diedurchlebte und erkämpfte Zeit im Staat DDR noch mehr schätzen undsteht zu ihr - trotz alledem. Das bedeutet aber nicht, dass er dasLeben in der DDR und die staatliche Ordnung nicht kritischhinterfragt hätte und Erscheinungen, die zum Ende der DDR führten,nicht benennt. So entwirft er anhand seiner Biografie, seinerErlebnisse und persönlichen Auseinandersetzungen ein realistischesBild vom kleinen Land mit den hohen Ansprüchen. Damit bekommt derLeser ein Erinnerungsbuch in die Hand, das ihn zum: "Ach ja, sowar es - war das alles schlecht?" sowohl in die Ossisicht, alsauch wegen seiner Aufrichtigkeit in eine für die Wessi-Sichtverständliche Lage bringt. Man denke an: "Es höre jeder aufdie Flüsterungen der Geschichte" (Antoine de Saint –Exupery).

Mahnende Worte von Bertolt Brecht "ZumVolkskongress für den Frieden" (Wien 1952) sind der sinngebendeAusgangspunkt für des Autors Erkenntnisse und Bekenntnisse. Mit derSchilderung seines Lebens, der letzten Kriegsjahre, die er gebeutelterleben musste, der Evakuierung und der Rückkehr nach Berlin 1945,die Bemühungen der Eltern, an der Gestaltung des neuen Deutschlandsmitzuwirken, benennt er die Probleme der Zeit und seine heutige Sichtdarauf.

Er malt sehr plastisch und wahrhaftig das Bild desNeubeginns, immer dargestellt an den Handlungen seiner Familie,Freunde und Kollegen ohne in Phrasen zu verfallen. Seine Erinnerungan diese Zeit führt er weiter in seinem biografischen Bericht vonder Entwicklung als Berglehrling – auch unter Tage - in Zwickau,seiner beginnenden Ausbildung zum Geologen in Schwerin. Diese brichter ab, als man ihn davon „überzeugt", in die KVP, später NVAeinzutreten.​

Viele Stationen des Armeelebens an den verschiedenstenStandorten in der DDR, sein Fernstudium der Journalistik an derLeipziger Karl-Marx-Universität, der Tätigkeit als Diplomjournalistim Offiziersrang an Zeitungen der Armee, sie sind fest eingebettet indas Leben der DDR-Gemeinschaft. So entsteht ein Kaleidoskop desgesellschaftlichen Gefüges in der DDR. Bewusst reiht er sich als„Schütze“ in die große Schar der Verteidiger des Sozialismus inder DDR ein, indem er im Klappentext darauf verweist, dass bereitsüber 900 Ehemalige und aktive DDR-Bürger ihre Erinnerungen alswertvolle Spuren in die Vergangenheit zu Papier gebracht haben. Dasmacht das Buch so umfassend.

Nach insgesamt 32 Dienstjahren in der KVP/NVA geht erzum Fernsehen der DDR als journalistischer Berater.

Nicht vergessen sollte man den Untertitel "DasLeben mit einer Göttin". Seine Göttin im Focus, nimmt er diewichtigste Bezugsperson in seine Schilderung auf - Cleo, seine großeLiebe. Sie steht in allen Lebenslagen schön und klug an seinerSeite, sie erlebte seine Kämpfe mit, erduldend und duldend, aberauch mit kritischen Hinweisen, treu und Freude bringend, dieFamiliengeschicke beeinflussend​

Das bedeutete auch, drei Kinder oft allein groß zuziehen, die in der Wendezeit bestanden und heute tüchtig einselbstbestimmtes Leben führen. Dankbar stellt er diese Seite seinesLebens, die große Liebe und die Fürsorge für die Familie dar,ehrlich und offen. Dabei benennt er auch politisch haltloseUnterstellungen von verschiedenen „Genossen“, die ihm besondersgegen das Ende der DDR hin widerfuhren. Sehr lesenswert wird das Buchauch dadurch, dass er sich nicht als fehlerfreien Menschen, sondernsowohl als kritisch denkendes aber auch als kritisch handelndesGesellschaftsmitglied darstellt.

Sein Weg nach der sogenannten Wende war steinig, ermusste sich mit Minijobs durchschlagen, wie tausende andere Bürgerebenfalls, verließ mit seiner Frau 1996 für neun Jahre Deutschlandund ging nach Schweden.

Seit 2005 lebt er wieder mit seiner Frau in der Näheseiner Kinder in Deutschland, wurde Blogger und Hobbymaler, besprichtinteressante politische Sachbücher und macht seine Leserschaft mitAbhandlungen aus linken Zeitungen bekannt. Seine Erlebnisse undErfahrungen hält er in selbst verfassten Büchern und Essays fest.

Er beendet, wie immer, seine Bücher u.a. mit zwei vonihm verfassten kritischen Buchtipps zur gegenwärtigen Politik undGesellschaft. Dabei geht es um Zukunftsfragen als auch um eine sehrkritische Sicht auf das von den USA provozierte Kriegsgeschehen inder Ukraine.
Beigefügte private Fotos erhöhen die Authentizitätdes Buches. Es ist durch sein breites Spektrum des DDR - Lebens, obseiner Ehrlichkeit und Vielfalt, interessanter Schauplätze undkritischer Sichten, eine sowohl unterhaltsame als auch nachdenklichmachende Lektüre. Der Schütze steht hier für´s Ganze, poetischerweitert durch das Bild des Bogenschützen von Sanssouci.​

DieErinnerungen - das sind keine vergilbten Briefe, keine vertrocknetenBlumen und Reliquien, sie sind nicht das Alter , sondern einelebendige, pulsierende Welt voller Poesie.“

KonstantinPaustowskij: „Jenseits des Regenbogens“, S. 272


Zur Rezensentin:

Lotti, geb. 1939,Bibliothekar an allgemeinbildenden Bibliotheken der DDR/ Fachschulefür Bibliothekare Leipzig 1961,Diplomkulturwissenschaftler/Universität Leipzig 1970, Bibliothekarin ltd. Funktion bis 1991, Aufbau einer eigenen Buchhandlung,selbstständige Buchhändlerin 1991 bis 2001, Rentnerin. (DieserBuchtipp wurde mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorinveröffentlicht.)