Warten auf den Weihnachtsmann

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Der allererste Weihnachtsbaum
Der Weihnachtsmann ging durch den Wald. Er war ärgerlich. Sein weißer Spitz, der sonst immer lustig bellend vor ihm herlief, merkte das und schlich hinter seinem Herrn mit eingezogener Rute her.

Er hatte nämlich nicht mehr die rechte Freude an seiner Tätigkeit. Es war alle Jahre dasselbe. Es war kein Schwung in der Sache. Spielzeug und Eßwaren, das war auf die Dauer nichts. Die Kinder freuten sich wohl darüber, aber quieken sollten sie und jubeln und singen, so wollte er es, das taten sie aber nur selten.

Den ganzen Dezembermonat hatte der Weihnachtsmann schon darüber nachgegrübelt, was er wohl Neues erfinden könne, um einmal wieder eine rechte Weihnachtsfreude in die Kinderwelt zu bringen, eine Weihnachtsfreude, an der auch die Großen teilnehmen würden. Kostbarkeiten durften es auch nicht sein, denn er hatte soundsoviel auszugeben und mehr nicht.

So stapfte er denn auch durch den verschneiten Wald, bis er auf dem Kreuzweg war. Dort wollte er das Christkindchen treffen. Mit dem beriet er sich nämlich immer über die Verteilung der Gaben.

Schon von weitem sah er, daß das Christkindchen da war, denn ein heller Schein war dort. Das Christkindchen hatte ein langes weißes Pelzkleidchen an und lachte über das ganze Gesicht. Denn um es herum lagen große Bündel Kleeheu und Bohnenstiegen und Espen- und Weidenzweige, und daran taten sich die hungrigen Hirsche und Rehe und Hasen gütlich. Sogar für die Sauen gab es etwas: Kastanien, Eicheln und Rüben.

Der Weihnachtsmann nahm seinen Wolkenschieber ab und bot dem Christkindchen die Tageszeit. "Na, Alterchen, wie geht's?" fragte das Christkind. "Hast wohl schlechte Laune?" Damit hakte es den Alten unter und ging mit ihm. Hinter ihnen trabte der kleine Spitz, aber er sah gar nicht mehr betrübt aus und hielt seinen Schwanz kühn in die Luft.

"Ja", sagte der Weihnachtsmann, "die ganze Sache macht mir so recht keinen Spaß mehr. Liegt es am Alter oder an sonst was, ich weiß nicht. Das mit den Pfefferkuchen und den Äpfeln und Nüssen, das ist nichts mehr. Das essen sie auf, und dann ist das Fest vorbei. Man müßte etwas Neues erfinden, etwas, das nicht zum Essen und nicht zum Spielen ist, aber wobei alt und jung singt und lacht und fröhlich wird."

Das Christkindchen nickte und machte ein nachdenkliches Gesicht; dann sagte es: "Da hast du recht, Alter, mir ist das auch schon aufgefallen. Ich habe daran auch schon gedacht, aber das ist nicht so leicht."
"Das ist es ja gerade", knurrte der Weihnachtsmann, "ich bin zu alt und zu dumm dazu. Ich habe schon richtiges Kopfweh vom vielen Nachdenken, und es fällt mir doch nichts Vernünftiges ein. Wenn es so weitergeht, schläft allmählich die ganze Sache ein, und es wird ein Fest wie alle anderen, von dem die Menschen dann weiter nichts haben als Faulenzen, Essen und Trinken."

Nachdenklich gingen beide durch den weißen Winterwald, der Weihnachtsmann mit brummigem, das Christkindchen mit nachdenklichem Gesicht. Es war so still im Wald, kein Zweig rührte sich, nur wenn die Eule sich auf einen Ast setzte, fiel ein Stück Schneebehang mit halblautem Ton herab. So kamen die beiden, den Spitz hinter sich, aus dem hohen Holz auf einen alten Kahlschlag, auf dem große und kleine Tannen standen. Das sah wunderschön aus. Der Mond schien hell und klar, alle Sterne leuchteten, der Schnee sah aus wie Silber, und die Tannen standen darin, schwarz und weiß, daß es eine Pracht war. Eine fünf Fuß hohe Tanne, die allein im Vordergrund stand, sah besonders reizend aus. Sie war regelmäßig gewachsen, hatte auf jedem Zweig einen Schneestreifen, an den Zweigspitzen kleine Eiszapfen, und glitzerte und flimmerte nur so im Mondenschein.

Das Christkindchen ließ den Arm des Weihnachtsmannes los, stieß den Alten an, zeigte auf die Tanne und sagte: "Ist das nicht wunderhübsch?"
"Ja", sagte der Alte, "aber was hilft mir das ?"
"Gib ein paar Äpfel her", sagte das Christkindchen, "ich habe einen Gedanken."

Der Weihnachtsmann machte ein dummes Gesicht, denn er konnte es sich nicht recht vorstellen, daß das Christkind bei der Kälte Appetit auf die eiskalten Äpfel hatte. Er hatte zwar noch einen guten alten Schnaps, aber den mochte er dem Christkindchen nicht anbieten.
Er machte sein Tragband ab, stellte seine riesige Kiepe in den Schnee, kramte darin herum und langte ein paar recht schöne Äpfel heraus. Dann faßte er in die Tasche, holte sein Messer heraus, wetzte es an einem Buchenstamm und reichte es dem Christkindchen.

"Sieh, wie schlau du bist", sagte das Christkindchen. "Nun schneid mal etwas Bindfaden in zwei Finger lange Stücke, und mach mir kleine Pflöckchen."
Dem Alten kam das alles etwas ulkig vor, aber er sagte nichts und tat, was das Christkind ihm sagte. Als er die
Bindfadenenden und die Pflöckchen fertig hatte, nahm das Christkind einen Apfel, steckte ein Pflöckchen hinein, band den Faden daran und hängte den an einen Ast.
"So", sagte es dann, "nun müssen auch an die anderen welche, und dabei kannst du helfen, aber vorsichtig, daß kein Schnee abfällt!"

Der Alte half, obgleich er nicht wußte, warum. Aber es machte ihm schließlich Spaß, und als die ganze kleine Tanne voll von rotbäckigen Äpfeln hing, da trat er fünf Schritte zurück, lachte und sagte; "Kiek, wie niedlich das aussieht! Aber was hat das alles für'n Zweck?"
"Braucht denn alles gleich einen Zweck zu haben?" lachte das Christkind. "Paß auf, das wird noch schöner. Nun gib mal Nüsse her!"
Der Alte krabbelte aus seiner Kiepe Walnüsse heraus und gab sie dem Christkindchen. Das steckte in jedes ein Hölzchen, machte einen Faden daran, rieb immer eine Nuß an der goldenen Oberseite seiner Flügel, dann war die Nuß golden, und die nächste an der silbernen Unterseite seiner Flügel, dann hatte es eine silberne Nuß und hängte sie zwischen die Äpfel.
"Was sagst nun, Alterchen?" fragte es dann. "Ist das nicht allerliebst?"
"Ja", sagte der, "aber ich weiß immer noch nicht..."
"Komm schon!" lachte das Christkindchen. "Hast du Lichter?"
"Lichter nicht", meinte der Weihnachtsmann, "aber 'nen Wachsstock!"
"Das ist fein", sagte das Christkind, nahm den Wachsstock, zerschnitt ihn und drehte erst ein Stück um den Mitteltrieb des Bäumchens und die anderen Stücke um die Zweigenden, bog sie hübsch gerade und sagte dann; "Feuerzeug hast du doch?"
"Gewiß", sagte der Alte, holte Stein, Stahl und Schwammdose heraus, pinkte Feuer aus dem Stein, ließ den Zunder in der Schwammdose zum Glimmen kommen und steckte daran ein paar Schwefelspäne an. Die gab er dem Christkindchen. Das nahm einen hellbrennenden Schwefelspan und steckte damit erst das oberste Licht an, dann das nächste davon rechts, dann das gegenüberliegende. Und rund um das Bäumchen gehend, brachte es so ein Licht nach dem andern zum Brennen.

Da stand nun das Bäumchen im Schnee; aus seinem halbverschneiten, dunklen Gezweig sahen die roten Backen der Äpfel, die Gold- und Silbernüsse blitzten und funkelten, und die gelben Wachskerzen brannten feierlich. Das Christkindchen lachte über das ganze rosige Gesicht und patschte in die Hände, der alte Weihnachtsmann sah gar nicht mehr so brummig aus, und der kleine Spitz sprang hin und her und bellte.

Als die Lichter ein wenig heruntergebrannt waren, wehte das Christkindchen mit seinen goldsilbernen Flügeln, und da gingen die Lichter aus. Es sagte dem Weihnachtsmann, er solle das Bäumchen vorsichtig absägen. Das tat der, und dann gingen beide den Berg hinab und nahmen das bunte Bäumchen mit.

Als sie in den Ort kamen, schlief schon alles. Beim kleinsten Hause machten die beiden halt. Das Christkindchen machte leise die Tür auf und trat ein; der Weihnachtsmann ging hinterher. In der Stube stand ein dreibeiniger Schemel mit einer durchlochten Platte. Den stellten sie auf den Tisch und steckten den Baum hinein. Der Weihnachtsmann legte dann noch allerlei schöne Dinge, Spielzeug, Kuchen, Äpfel und Nüsse unter den Baum, und dann verließen beide das Haus so leise, wie sie es betreten hatten.

Als der Mann, dem das Häuschen gehörte, am andern Morgen erwachte und den bunten Baum sah, da staunte er und wußte nicht, was er dazu sagen sollte. Als er aber an dem Türpfosten, den des Christkinds Flügel gestreift hatte, Gold- und Silberflimmer hängen sah, da wußte er Bescheid. Er steckte die Lichter an dem Bäumchen an und weckte Frau und Kinder. Das war eine Freude in dem kleinen Haus wie an keinem Weihnachtstag. Keines von den Kindern sah nach dem Spielzeug, nach dem Kuchen und den Äpfeln, sie sahen nur alle nach dem Lichterbaum. Sie faßten sich an den Händen, tanzten um den Baum und sangen alle Weihnachtslieder, die sie wußten, und selbst das Kleinste, das noch auf dem Arm getragen wurde, krähte, was es krähen konnte.

Als es hellichter Tag geworden war, da kamen die Freunde und Verwandten des Bergmanns, sahen sich das Bäumchen an, freuten sich darüber und gingen gleich in den Wald, um sich für ihre Kinder auch ein Weihnachtsbäumchen zu holen. Die anderen Leute, die das sahen, machten es nach, jeder holte sich einen Tannenbaum und putzte ihn an, der eine so, der andere so, aber Lichter, Äpfel und Nüsse hängten sie alle daran.

Als es dann Abend wurde, brannte im ganzen Dorf Haus bei Haus ein Weihnachtsbaum, überall hörte man Weihnachtslieder und das Jubeln und Lachen der Kinder.

Von da aus ist der Weihnachtsbaum über ganz Deutschland gewandert und von da über die ganze Erde. Weil aber der erste Weihnachtsbaum am Morgen brannte, so wird in manchen Gegenden den Kindern morgens beschert.
(Hermann Löns)
 
Weihnachten alleine
(Oder wie eine streunende Katze die Einsamkeit am Weihnachtsabend vertreibt.)

Jedes Jahr kam pünktlich der Weihnachtsblues zu Besuch. Die Menschen um mich herum waren aufgeregt und besorgten Geschenke oder sprachen von ihrem Weihnachtsfest. Und ich? Ich würde wieder alleine in meiner Wohnung sitzen und den Fernseher mit meiner Anwesenheit beglücken, wie auch schon all die vergangenen Jahre. Die Filme waren schon alte Bekannte, manche konnte ich schon mitsprechen.

Mit dieser Erwartung stellte ich also pünktlich am 24. Dezember den Fernseher an. Meine Weihnachtsnudeln würde ich wie immer in Gesellschaft meiner Flimmerkiste essen. Nach den Nachrichten dachte ich an die anderen Häuser. Dort strahlten die Weihnachtsbäume und die Kinder um die Wette. Spielsachen und Geschenkpapierfetzen lagen sicher auf dem Boden verstreut, eben ein glückliches und lebendiges Durcheinander.

Der Vorspann meines Films lief noch, als ich ein ungewohntes Geräusch an meiner Wohnungstüre hörte. „Es ist bestimmt nur der Wind.“ Das Wetter war wie all die letzten Jahre weihnachtlich grau und regnerisch. Es war kalt und nass. Wer sollte da an meiner Wohnungstüre sein? Ich litt wohl schon unter Wahnvorstellungen. Doch da war das Geräusch wieder. Ein ganz sanftes und zaghaftes Scharren direkt an der Türe.

Als ich die Türe einen Spalt weit öffnete, kam eine nasse Katze in meine Wohnung. „Wer bist Du denn?“ Sie kam einfach herein, stolzierte ins Wohnzimmer und setzte sich ganz ungeniert auf meinen Sessel. Neugierig schnupperte sie an meinen Nudeln. Die kleine Nase zuckte empört zurück und sie machte ein meckerndes Geräusch. „Falls Du etwas Besseres willst, hast Du Dir die falsche Türe ausgesucht. Einen leckeren Weihnachtsbraten findest Du bei mir sicher nicht.“ Die Katze schaute mich mit ihren großen Augen direkt an.

Das nasse Fell stand kreuz und quer vom Körper ab und sie schien zu zittern. Mit einem alten Handtuch näherte ich mich vorsichtig. „Du bist ja ganz nass. Lass mich Dich ein bisschen abtrocknen.“ Die aufmerksamen Augen der Katze behielten mich immer genau im Blick. Ganz langsam begann ich die nasse Katze mit dem Handtuch zu streicheln. Ich konnte jetzt fühlen, dass sie nicht nur nass, sondern auch sehr dünn war. Vorsichtig rubbelte ich das nasse Fell trocken.

„Na, Du hattest auch noch kein schönes Weihnachtsessen. Hast Du auch Hunger? Ich gucke gleich nach, ob ich etwas für dich finde.“ Jetzt wo sie trocken war erkannte ich, dass sie tatsächlich eine dreifarbige Katze war, eine Glückskatze.
Mit ihr ist Weihnachten das Glück bei mir eingezogen. Sie ist geblieben. Fortuna habe ich sie genannt, denn jetzt bin ich auch an Weihnachten nicht mehr alleine.
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Weihnachten ist das Fest der Liebe.

Geschenke werden in den Familien verteilt, ein leckerer Braten aufgeschnitten und verzehrt. Herrmann lebte schon viele Jahre auf der Straße. An solche Weihnachtsfeste konnte er sich noch gut erinnern. Er hatte auch einmal eine Familie.

Der Alkohol hatte sie vertrieben, nein, er hatte ihn aus dem Haus getrieben. Vor vielen Jahren war er so auf der Straße gelandet. Die Einkaufsstraße, an der er zur Zeit seinen Platz hatte, war sehr belebt. Seinen Becher vor sich mit nur einigen kleinen Münzen gefüllt, wartete er auf mehr Geld.

Er hatte genug Zeit zum Nachdenken, als Obdachloser fand er keine Arbeit, auch wenn er schon lange keinen Alkohol mehr trank. Ohne Arbeit keine Wohnung, ohne Wohnung, keine Dusche. Er roch etwas streng, geduscht hatte er schon länger nicht mehr. „Wie es wohl seinem Sohn jetzt ging?“, dachte er, als ein kleiner Junge vor ihm stehen blieb und ihn neugierig und direkt ansah. „Warum sitzt Du da?“, wollte er wissen. „Lass den Mann!“, sagte eine Frau, wahrscheinlich seine Mutter. Hermann sah jetzt zu ihr hoch. Er versuchte zu lächeln. So etwas war ihm immer noch unangenehm. „Papa, guck mal, warum sitzt der Mann auf dem kalten Boden? Hat der kein Zuhause?“ Die helle Stimme des Kindes war laut und klar. Der Vater kam jetzt näher und Herrmann verschlug es die Sprache. Er war sich sicher, dass sein Sohn vor ihm stand. Dann wäre der kleine Junge sein Enkel.

Schnell sah er wieder auf den Boden. Doch der Vater kam nun auch näher und sah Herrmann genauer an. Er schien unsicher, so viele Jahre waren schon vergangen. Aber sein Sohn hatte Herrmann, trotz schmutziger Kleidung und ungepflegtem Äußeren, erkannt. „Vater?“ Es klang ungläubig. Er stand nun langsam auf und sah seinen Sohn an. „Wie geht es Dir?“ Herrmann sprach leise und die Angst, dass sein Sohn weggehen würde, war ihm deutlich anzuhören.

Sein Sohn kam näher und nahm ihn feste in die Arme. „Ich habe so lange versucht Dich zu finden Papa. Immer und immer wieder war ich beim Amt und habe nach Dir gesucht. Ich bin so froh, dass wir hier unseren Weihnachtsurlaub machen.“ Er nahm seinen kleinen Sohn zu sich und sagte: „Du hast gerade Deinen Opa gefunden.“ Zu seiner Frau und seinem Vater stellte er eine Frage: „Sollen wir Dich mitnehmen? In unserer Ferienwohnung ist noch ein zusätzliches Zimmer.“ Er sah seine Frau und seinen Vater gleichermaßen bittend an.

Als beide zustimmend nickten, gingen sie alle gemeinsam weiter. Es war für Herrmann das erste schöne Weihnachtsfest seit vielen, vielen Jahren.

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Ein besinnliches Weihnachtsfest!
Advent und Weihnachten ist eine Zeit, in der viel Musik läuft. In den Einkaufsstraßen und den Geschäften läuft die ganze Zeit Weihnachtsmusik. Doch Weihnachten ist auch ein besinnliches Fest und daher wollten wir uns dieses Jahr die nötige Ruhe schenken. Wir, das sind mein Mann und ich. Seit vielen Jahren leben wir schon glücklich zusammen. Doch vor Weihnachten steigt die Unruhe, denn irgendwas muss immer noch besorgt und gekauft werden.

Der 24.12. kommt immer plötzlich, etwas wurde wieder vergessen und muss noch schnell erledigt werden. Doch dann kam endlich ganz ungeplant ein wirklich ruhiges Fest.

Wie jedes Jahr wollten wir Fondue essen. Alles war endlich besorgt, die Geschenke schön verpackt. Die elektrischen Lichter brannten und auch in unserem Radio dudelte die Musik. Dann war plötzlich alles dunkel und still.

Wir liefen zum Fenster, sahen hinaus. Keine Straßenlampe brannte. Die ganze Welt war plötzlich still. Gerade zur Weihnachtszeit haben wir immer mehr Kerzen im Haus als sonst. Also haben wir die Kerzen angezündet. Eine große Kerze stellten wir auf den Tisch, daneben das vorbereitete Essen fürs Fondue. Wir mussten etwas Warten, bis das Stövchen die Brühe aufgeheizt hatte, dann fingen wir mit unserem Weihnachtsessen an, ganz ohne Beschallung aus dem Radio. In dieser Ruhe begannen in diesem Jahr viele gute Gespräche. Wir ließen uns viel Zeit zum Essen. Kein Fernseher wartete mit dem Programm.

Irgendwann ging dann plötzlich wieder das Licht an. Sämtliche elektronische Geräte summten und piepsten, weil sie wieder Strom hatten. Wir sahen uns an, schalteten das Licht wieder aus und genossen weiter die Stille des Weihnachtsabends.

Es war wirklich ein besinnlicher Weihnachtsabend.
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Weihnachten unter einem Tannenbaum!
(Ein kleiner Engel erzählt von einem Heiligen Abend und was er da mitgehört hat.)

Jedes Jahr werden in den Häusern Weihnachtsbäume aufgestellt. Die Tannenbäume werden bunt geschmückt und mit vielen kleinen Figuren dekoriert. Doch was, wenn die Figuren Geschichten erzählen könnten. Was, wenn sie von all den Festen erzählten, die sie schon miterlebt haben.

Der kleine Engel, der hoch über den anderen schwebt erzählt gerne vom letzten Weihnachtsfest.

Draußen war es schon dunkel, als die ganze Familie hereinkam. Die Kinder waren ganz aufgeregt und stürmten zu den Geschenken, die unter dem Baum lagen. Doch die Eltern wollten in diesem Jahr erst noch eine Weihnachtsgeschichte vorlesen. Also setzten die zwei Kinder sich vor den Baum und hörten ganz gespannt, welche Geschichte die Eltern lesen würden.

Die Geschichte erzählte von der Reise eines Paares, das auf der Suche nach einer Unterkunft war. Nach langem Suchen fanden sie einen Stall, indem sie bleiben durften. Die schwangere Frau bekam ein Baby. Jesus nannten sie das Kind. Wegen der Geburt dieses Menschen feiern wir heute noch das Weihnachtsfest. So endete die kurze Geschichte der Eltern.

„Das ist also eine Geburtstagsfeier, die wir heute machen? Wieso feiern alle diesen Geburtstag? Meinen Geburtstag feiern nicht alle Menschen.“, fragte der Junge irritiert.

„Jesus war ganz besonders. Fast überall auf der Welt feiern Menschen Weihnachten um an seine Geburt zu erinnern. Die Krippe ist eine Erinnerung daran, wo er geboren wurde.“, erklärte der Vater.

„Wieso bekomme ich ein Geschenk, wenn es der Geburtstag von Jesus ist?“, fragte das Mädchen leise. Die Mutter sprach ganz ruhig: „Er hat ein so wichtiges Leben geführt. Daran wollen wir uns alle immer wieder gerne erinnern. Die Geschenke sollen uns dabei helfen.“

Der kleine Engel erzählt das mit seiner kleinen klaren Stimme: „Danach haben die Kinder ganz friedlich ihre Geschenke ausgepackt und alle haben zusammen noch Weihnachtslieder gesungen. Das war so schön. Das werde ich nie mehr vergessen.“

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Als der Nikolaus Maria verschleppte
Das Christkind kam bei uns früher immer nachts. In den frühen Morgenstunden des ersten Weihnachtstages schlichen wir uns in die gute Stube, um die sehnlich erwünschten Geschenke zu begutachten. Die fielen damals deutlich bescheidener aus, als es heute vielfach üblich ist. Trotzdem freuten wir uns über den Bollerwagen, das Holzpferd oder das Dreirad.

Viele Sachen gab es auch wiederholt geschenkt. Der längst ramponierte Bollerwagen stand irgendwann runderneuert und mit neuer Farbe versehen wieder unter dem Tannenbaum. Er gehörte jetzt aber meinem kleinen Bruder. Für mich gab es ein kleines Zweirad, das im Nachhinein betrachtet doch sehr dem Wochen zuvor verschwundenen Dreirad ähnelte. Auch konnte man Sachen zum Reparieren an das Christkind schicken. Die wurden dann Anfang Dezember vom Nikolaus mit in den Himmel genommen.

So legte meine Schwester Hannelore ihre Puppe, die an einem ausgekugelten Arm litt, am Nikolausabend auf die Fensterbank. Die Puppe hatte sie Maria getauft, und damit das auch für alle sichtbar war, hatte Hannelore der Puppe mit einem Kugelschreiber ein großes M auf den Rücken graviert. Maria war am nächsten Tag tatsächlich nicht mehr da. Aber zur großen Enttäuschung lag sie am Weihnachtstag nicht unter dem Tannenbaum.

Die musste dem Nikolaus bei der Fahrt durch den Eleonorenwald wohl vom Schlitten gefallen sein. Denn sie wurde im Frühjahr, nachdem der letzte Schnee geschmolzen war, von einem Waldarbeiter gefunden. Dieser nahm sie mit in seinen Heimatort Werlte. Als er sich nach Feierabend in der Bahnhofskneipe zum Bier mit seinen Kumpels traf, setzte er die verschmutzte Puppe mit dem ausgekugelten Arm auf die Theke.

In der Gaststätte verkehrten damals auch viele amerikanische Soldaten aus der nahen Kaserne in Sögel. Ein junger Soldat aus New York dachte an seine kleine Schwester, für die er noch ein Mitbringsel suchte. Für eine Runde Bier schwatzte er dem Waldarbeiter die Puppe ab und nahm sie wenige Tage später mit nach Amerika.
Die Puppe wurde repariert und bekam neue Kleidung. Seine kleine Schwester freute sich sehr über das kleine Geschenk und spielte viele Jahre fast jeden Tag damit. Doch das Mädchen wurde älter und irgendwann fand die Puppe mit anderen ausrangierten Spielsachen im Keller ihren Platz.

Die Familie zog einige Jahre später in eine andere Stadt. Der Keller wurde ausgeräumt und so landete die Puppe schließlich auf dem Sperrmüll. Auf der obligatorischen Suche nach nützlichen Gegenständen entdeckte einer der vielen New Yorker Obdachlosen die Puppe und nahm sie mit. Vielleicht konnte man sie noch zu Geld (oder Schnaps) machen. Also platzierte er sie neben seiner Bank im Central Park.

Dort fiel sie einem armen Familienvater ins Auge. Dieser war noch am Vormittag des Heiligen Abends auf der Suche nach einem kleinen Weihnachtsgeschenk für eines seiner sieben Kinder. Man wurde sich schnell einig. Für einen Dollar kaufte er die Puppe. Diese hatte jetzt gleich mehrere neue Mamas. Sie wurde sehr umsorgt, mehrmals am Tag gewaschen, aus- angekleidet und ins Bett gebracht.

Ohne regelmäßige Arbeit hatte die Familie oft nicht einmal genügend Geld, um etwas zu essen zu kaufen. Eines Tages wusste der verzweifelte Familienvater keinen anderen Ausweg mehr. Er brachte die Puppe seiner Kinder zu einem Pfandleiher, um dafür etwas Geld für Brot zu bekommen. Aus purem Mitleid nahm der Pfandleiher die inzwischen doch sehr ramponierte Puppe entgegen.

Doch bei näherer Betrachtung fand er sie dann doch nicht so schlecht. In seiner Werkstatt reparierte er die Puppe liebevoll. Nachdem alle Arme und Beine und auch der Kopf wieder festsaßen, malte er sie an und beklebte den Kopf mit sehr schönen blonden Locken. Die Puppe sah aus wie neu. Sie erhielt im Schaufenster einen Ehrenplatz.
Viele Jahre waren inzwischen vergangen. Meine Schwester war längst erwachsen, hatte geheiratet und mittlerweile zwei erwachsene Kinder, Thomas und Sandra. Thomas verbrachte nach seinem Abitur ein halbes Jahr in Amerika, um seine Englischkenntnisse zu verbessern.

Kurz vor seiner Heimreise, es war wenige Tage vor Weihnachten, schlenderte er durch die verschneiten Straßen New Yorks. Er war noch auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk für seine Mutter. Da fiel ihm im kleinen Schaufenster eines alten Ladengeschäftes eine Puppe ins Auge. Seine Mama, die schon immer Puppen gesammelt hatte, würde sich sicher darüber freuen. Also kaufte er sie, ließ sie sich schön einpacken und nahm sie am nächsten Tag mit nach Hause. Dort legte er sie am Heiligabend unter den Tannenbaum.

Am späten Nachmittag setzte sich die Familie meiner Schwester zum gemeinsamen Racletteessen an den reich gedeckten Küchentisch. Nach dem ausgiebigen Weihnachtsessen war die Bescherung angesagt. Reihum durfte man seine Geschenke auspacken. Man musste dazu allerdings zuerst eine Sechs würfeln, was meiner Schwester lange nicht gelingen wollte. Als es endlich doch klappte, schnappte sie sich natürlich das Paket von Thomas. Sie fand die Puppe sehr schön, platzierte sie auf einem Stuhl neben dem Eckregal, das bereits mit mehreren Puppen dekoriert war und gesellte sich wieder zu den anderen. Es wurde Rotwein getrunken und Sandra versuchte der neuen Geige die Töne eines bekannten Weihnachtsliedes zu entlocken. Insgesamt war es ein sehr gemütlicher Abend.

Zufrieden legte sich Hannelore zu später Stunde ins Bett. Aber sie konnte nicht einschlafen, sondern wälzte sich unruhig hin und her. Immer wieder tauchte in ihren Gedanken das Gesicht dieser Puppe auf. Irgendwann hielt sie es nicht mehr aus. Noch etwas schlaftrunken stand sie auf, ging in die Stube, schnappte sich die Puppe und zog ihr die Kleider aus.

Und dann sah sie es. Die Puppe hatte auf dem Rücken ein großes M. Meine Schwester nahm die Puppe liebevoll in den Arm und begann zu weinen.

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Weihnachtsmarkt

Donnerstag vor Heiligabend.

Den ganzen Tag schon schiebt sich die Familie durch überfüllte Kaufhäuser: Mutter, zwei Kinder namens Laura und Matthias, dreizehn und fünfzehn Jahre alt, und der Opa, fünfundsiebzig.

Es muß sein. Mutter sucht Geschenke für Vater, für die Älteste, die bereits verheiratet ist, für deren Mann und das Baby. Laura und Matthias haben auch noch gar nichts besorgt.

Opa sucht nichts. Er ist nur mitgekommen, weil er den Weihnachtsmarkt in der Innenstadt mag.

Überall stehen Weihnachtsmänner, mit Sammelbüchsen, Jahreslosen, Flugblättern mit Spendenaufrufen; der Glühwein duftet, Bratwürste schmurgeln, Blechkapellen tröten, an Dutzenden von Marktständen wird alles mögliche angeboten: Namensbecher, Holzspielsachen, Amulette, handgestrickte Strümpfe, Stofftiere ... Mit einemmal wird Mutter klar, daß sie Opa schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen hat.

"Laura! Matthias! Wo ist Opa?"

Die Kinder zucken die Achseln. Sie stehen vor einem Spielzeugstand; Laura sieht sich Modellflugzeuge an, Matthias Sammlerpuppen. Opa ist weg.

"Bleibt mal eben hier stehen", weist Mutter die Kinder an und geht ein paar Schritte zurück, den Weg, den sie gekommen sind. Kein Opa. Wie soll man hier auch jemanden finden? Der Platz vor dem Kaufhaus ist schwarz von durcheinanderwimmelnden Menschen. In das Schwarz setzen verfrorene Nasen und Weihnachtsmannmützen rote Farbtupfer.

"Ich suche erst mal alle Glühweinstände ab", nimmt sich Mutter vor. Das kann dauern, denn Glühwein gibt es beinahe überall. Matthias hat eine Puppe in die Hand genommen und schaut nach, was sie unter ihrem Biedermeierkleid anhat.

"Wartet hier! Ich suche Opa!"

Die Mutter beginnt ihre Jagd nach einem in solchen Fällen üblichen Prinzip: sie zieht Kreise um den Ausgangspunkt, immer größere Kreise, und hält Ausschau nach Opas hoher grauer Pelzmütze.

"Eine Spende für das Müttergenesungswerk!" Ein Weihnachtsmann stößt ihr seine klappernde Büchse unter die Nase. Von wegen Müttergenesung! Sie schubst ihn weg.

Er folgt ihr beharrlich. Sein Atem riecht nach Glühwein. "Eine Spende, liebe Frau. Eine Spende für das Müttergenesungswerk..." tönt es unermüdlich aus seinem Rauschebart. "Ein Herz für Mütter!"

Da ist er endlich! Opa! Ja, das ist seine Mütze. Am Glühweinstand natürlich. Sie drängelt sich durch und klopft den alten Herrn auf die Schulter. Der dreht sich um. - Es ist nicht Opa.

"Entschuldigung!" stößt sie hervor.

Dieser lästige Weihnachtsmann! Da schiebt er sich auch schon neben sie - und pflückt dem alten Herrn die Pelzmütze vom Kopf und hält ihm dafür seine eigene rote hin. Zupft sich den Bart aus dem Gesicht. Zieht den Mantel aus: - Opa!!

"Da, nimm dein Zeug jetzt wieder", knurrt er den anderen Alten mit den roten Backen und der Glühweinnase an, "die geben nix."

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Liebe zu Weihnachten

Die meisten Menschen liebten bei uns hier diesen Brauch. Weihnachten war etwas ganz Besonderes, etwas Einzigartiges und jeder für sich feierte es etwas anders. Es war etwas woran man nicht zu viel herumexperimentieren sollte. Es fing für Markus wie jedes Jahr im Dezember an, als er das Webradio früh am Morgen aktivierte und die ersten Weihnachtslieder genoss, die dort rauf und runter gespielt wurden.

Der junge 19-jährige liebte die vorweihnachtliche Atmosphäre, mit seinem Glitzern, Glimmern und die Stimmung, die sehr rasch etwas Positives in die Herzen der Menschen brachten. All das ließ die Herzen wieder höher schlagen und so viel Schmerz, Leid und Kummer vergessen, das sich bei vielen Menschen im Laufe des Jahres angesammelt hatte. Er freute sich darauf das beste Essen des Jahres bald auf den Tisch zu bekommen, seine Freizeit mit Familie und seinen Freunden verbringen zu dürfen und bis spät in die Nacht mit ihnen zu feiern und zu lachen.

Ach und die schönen Geschenke, die sie einander machten, die dürften natürlich nicht fehlen. Geschenke? Wie Blitz und Donner schoss es Markus durch den Kopf. Darum hatte er sich bis jetzt noch gar nicht gekümmert! Er liebte es zu shoppen, manchmal online, aber ganz besonders in den Geschäften seiner Stadt. Für Weihnachten hatte er extra ein paar hundert Euro angespart, für Geschenke an seine Eltern, seinem kleineren Bruder und seiner großen Schwester. Sogar seinem besten Freund, Flo wollte er dieses Jahr eine Freude machen. Für ihn wollte er sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Er wechselte sein Gewand, streifte seinen Trainingsanzug ab und zog sich schick an. Eine schwarze Jeans und als Oberteil ein weißes Leif Nelson Sweatshirt, darüber ebenfalls eine warme Leif Nelson Strickjacke.

Draußen hatte es bereits zu schneien begonnen, also schnappte Markus seinen Lieblingsmantel, einen schwarzen Zweireiher Kurzmantel, ideal für den Winter, und ging zur Bushaltestelle. Es war zwanzig Minuten vor zehn Uhr morgens, er hatte noch ungefähr acht Minuten, bis der Bus kam. Er stand alleine auf der Haltestelle, wartend. Markus holte seinen mp3-Player hervor, steckte sich die Kopfhörer in die Ohren und machte sich die Musik an. Er liebte Musik über alles, dabei war nicht einmal wichtig welche Richtung oder welches Genre, er liebte fast alles. Alles außer Schlager. In diesem Moment fuhr der Bus in die Haltestelle ein. Die Türen öffneten sich und Markus trat mit Musik in den Ohren ein. Er löste an den Automaten ein Tagesticket und nahm am nächstgelegenen Stuhl Platz. Die Fahrt selbst dauerte kaum fünfzehn Minuten bis in die Innenstadt und dem Einkaufszentraum, das Markus anstrebte. Er verließ den Bus, ging aber nicht sofort in das Kaufhaus. Erst wollte er einmal in einem Cafe einen kleinen Imbiss und einen Espresso zu sich zu nehmen. Dabei beobachtete eine Zeit lang die Menschen auf dem verschneiten Platz vor seinem Fenster, an dem er saß. Manche waren etwas gestresst, manche waren ganz gemächlich und ausgeglichen, doch aus der Menge stachen die jenen heraus, die gemeinsam unterwegs waren. Familien und Liebespärchen waren so etwas Besonderes fand Markus. Er nahm einen Schluck von seinem Espresso und ein feines Lächeln überkam ihn bei diesem Gedanken. Er zahlte sein Frühstück, ging über den Platz, Richtung Einkaufscenter und war sehr glücklich. Nach mehreren Stunden Shoppen und genauem Abschätzen der Geldbörse hatte Markus fast alle Geschenke gefunden. Nur für Flo fehlte ihm noch die nötige Inspiration. Er spielte mit dem Gedanken dieses Problem vielleicht doch lieber online zu lösen. Er stand gerade vor dem Ausgang des Kaufhauses, mit dem Blick auf den Busbahnhof. Links und rechts hatte er einige Einkaufstaschen in der Hand. Er musste so albern ausgesehen haben. Es schneite noch immer. In diesem Augenblick sah er sie. Sie war wunderschön, in diesem Moment leider halb von ihm abgewandt, sodass sie ihn nicht sehen konnte. Sie strahlte Liebe aus. Ihr blondes langes Haar quoll unter einer bunten Haube hervor, sie war schlank und schien etwas kleiner zu sein als er. Er wollte auf sie zugehen, doch er klebte auf dem Asphalt fest.

Er hatte Angst von ihr abgewiesen zu werden. Als ihr Bus langsam näherkam, konnte Markus sich vom klebenden Asphalt losreißen. Er ging los, zuerst in langsamen Schritten, dann immer schneller, er lief durch den herabfallenden Schnee in Richtung Haltestelle, um sie doch noch zu treffen. Der Junge kam um Sekunden zu spät, sie war vor ihm eingestiegen, die Tür hatte sich vor seiner Nase geschlossen. Er ließ kurz den Kopf hängen, dann aber blickte er noch einmal hoch zu den Fenstern des Busses, um vielleicht doch noch einmal ihr Antlitz zu erhaschen. Und da war sie. Sie setzte sich genau in derselben Bankreihe an das Fenster, wo er gerade stand. Und sie erblickte Markus. Er strahlte. Als sie ihn sah fuhr ihre Hand ans Fenster und sie sah ihn bewundernd an. Ihm stockte der Atem. Der Bus fuhr erbarmungslos seine Tour und Markus blieb im Schneefall und herzpochend zurück. Erst eine halbe Stunde später, als ihm klar geworden war, dass dieses Mädchen heute nicht mehr hierher zurückkommen würde, machte er sich auf den Heimweg.

Von diesem Tag an hatte es drei Tage durchgeschneit, trotzdem fuhr Markus jeden Tag in die Stadt zu dieser Haltestelle, nur um zu sehen, ob dieses Mädchen wieder dort sein würde. Leider wartete er jedes Mal vergebens. Am Vierten Tag schien wieder die Sonne. Der Himmel war blau gefärbt. Kaum ein Wölkchen war dort zu sehen, und Markus machte sich wieder auf zum Busbahnhof. Doch dieses Mal kam alles ganz anders. Das Mädchen wartete bereits dort. Ja? Sie wartete auf ihn. Auf Markus! Sie verbrachten den ganzen Tag miteinander, den Nächsten, und auch den Folgenden. Es sollte niemals enden. Die Liebe wuchs mit jeder Minute, das Vertrauen zueinander wurde immer stärker, sie lachten, sie verliebten sich ineinander. In kürzester Zeit waren sie so stark miteinander verbunden, dass sie sich ein Leben ohne den Anderen nicht mehr vorstellen konnten. Wenn sie nicht zusammen waren, schrieben sie sich fast permanent SMS, oder telefonierten. Und wenn sie zusammen waren, existierte fast nur ihre Welt. So kam es dass der Weihnachtsabend kurz vor der Tür stand. Kate hatte nur ihre Mutter, denn ihr Vater war bereits verstorben und die beiden feierten jedes Weihnachten sehr einsam in ihrer Wohnung zu zweit. Genau das wollte Markus ändern, denn er fand das sehr traurig. Er rief seine Familie zusammen. Es waren alle da, nur sein kleines Brüderchen ließ ein wenig auf sich warten, da er gerade mit einigen seiner Freunde in seinem Zimmer Computer spielte. Dafür hatte aber jeder Verständnis. Markus erzählte ihnen seine Geschichte, wie er Kate traf. Von Anfang bis zum Ende. Alle freuten sich mit ihm. Als er mit dem traurigen Teil begann, dass Kate und seine Mutter alleine waren und die Weihnachtszeit nur zu zweit in ihrer Wohnung verbringen, würden flog der Autoschlüssel des Business Volvos im hohen Bogen durch die Luft. Markus fing ihn im Reflex mit seiner linken Hand, fast so als hätten die beiden es geübt. Papa hatte ihn ihm zugeworfen. Ungläubig guckte er in seine Richtung. "Junge auf was wartest du noch, los hol die beiden schon!" Markus schoss mit einem Satz los und war wenige Minuten später schon bei dem Auto. Bisher durfte er nur neben seinem Vater mit dem Volvo fahren. Das war eine Premiere. Er war noch nie in Kate's Wohnung gewesen, hatte aber die genaue Adresse. Mit dem Auto war er laut Navigationssystem in 49 Minuten bei ihr. Dort angekommen suchte er sich einen freien Parkplatz und betrat den zweiten Stock des angegebenen Hauses. Markus klopfte an der Tür zu Kate's Wohnung. Kate öffnete sie. Freudentränen kullerten ihr über die Wangen, sie schloss Markus in ihre Arme und brach in ein sanftes Schluchzen aus. Er erwiderte Kate's Geste liebevoll und die beiden betraten die Wohnung. Kate's Mutter servierte ihnen einen Früchtepunch, der Markus sehr willkommen war, denn draußen war es eisigkalt. Er lud nun Kate's Mutter und seine Freundin zu Weihnachten ein, und erzählte ihnen, wie sehr sich seine Familie schon darauf freuten. Die beiden waren sehr glücklich über die Einladung. Mit Tränen im Gesicht packten sie einige Sachen zusammen und folgten Markus zum Auto.

Als sie bei Markus zu Hause ankamen, wartete bereits die ganze Familie, trotz der eisigen Kälte, vor der Tür. Sie wollten die beiden willkommen heißen. Die Drei stiegen aus dem Auto und Markus Familie stimmte in diesem Moment das Lied "Oh du Fröhliche" an. Kate und Kate's Mutter waren gerührt. Sie begrüßten sich herzlich und sangen das Lied noch einmal gemeinsam. Anschliessend gingen alle wieder ins Haus, dorthin, wo der Christbaum stand. Markus räusperte sich um etwas zu sagen.

"Liebe Mutti, lieber Papa, liebes Brüderchen und meine liebe große Schwester. Ich habe heuer natürlich für euch alle wieder Geschenke unter den Christbaum gelegt, wie jedes Jahr." Alle lächelten. "Doch dieses Mal habe ich noch etwas ganz Besonderes mitgebracht. Nämlich meine große Liebe." Seine Mutter schaute stolz in die Runde, sein Papa zog ein breites Grinsen auf. "Sie heißt Kate und ich habe mich in sie verliebt. Ich hoffe ihr nehmt sie und ihre Mutter in unsere Familie mit auf. " Noch einmal wurden die beiden in die Arme geschlossen. Am Tisch war extra Platz für sie gemacht worden, und es wurde gegessen und gefeiert. Danach haben alle gemeinsam weitere Weihnachtslieder gesungen. So verbrachten sie als neue große Familie noch eine besinnliche Zeit und ein schönes Weihnachten, in Liebe, Respekt und Herzlichkeit. Markus zog sich mit Kate zurück auf die Couch und sie schlossen sich in die Arme. Die Geschenke unter dem Christbaum waren für beide nur noch zweitrangig.
(Helmut-Michael Kemmer)

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Weihnachten - Fest der Besinnung (Teil 1)
Der Weihnachtsbaum war schon aufgestellt am frühen Nachmittag des Heiligabends. Die Kinder sprangen lachend um ihn herum. Zudem hatten sie Spaß dabei, die bunten, glitzernden Kugeln wie auch die hölzernen Engel von ihrer Oma aufzuhängen, die sie im letzten Jahr geschenkt bekamen. Die Vorfreude war ihnen nur zu deutlich anzusehen. Hüpfen, rennen, herumalbern, egal, Cornelia ließ sie einfach gewähren genau wie ihr Mann Gerold, der viel zu beschäftigt war, als dass er sich jetzt noch um Anton und dessen jüngere Schwester Ellen kümmern könnte, die lebhaft ihrem Spieltrieb nachgingen. „Wo liegt denn der Karton mit der Baumkrone, Conny!“ „Vor dir!“ lautete die kurze und knappe Antwort. „Augen auf, Schatz!“ fügte sie neckisch hinzu. Ein heiteres Grinsen kam zurück. Diese Ulkerei war schon seit ihrem Kennenlernen vor über 25 Jahren immerzu Connys Art, Leidenschaft auszudrücken. Sie liebte ihre Familie, den Mann, der jetzt bitte nicht hektisch werden sollte, und die beiden Kinder über alles, daran bestanden zu keiner Zeit irgendwelche Zweifel. Jahrelang lebten sie allein in ihrer Vierzimmerwohnung in Neustadt am Rübenberge, die Gerolds Vater ihnen zur Verfügung gestellt hatte. An Kinder hatten die beiden lange Zeit nicht mehr gedacht. Aber jetzt waren sie da, diese süßen, kleinen Krümelmonster von sieben und neun Jahren, die soeben beim Naschen an den noch nicht freigegebenen Weihnachtstellern ertappt wurden. Spuren der zerbröselten Kekse führten direkt ins Kinderzimmer, Knuspern und Schmatzen waren ebenfalls nicht zu überhören, genauso wenig, wie Gerolds ständige Nörgelei über eine Menschenmenge von geschätzt 200 Demonstranten, die sich ein klein wenig von ihrem Wohnhaus entfernt am Rande der Fußgängerzone vor den großen festlich geschmückten Warenhäusern versammelt hatten, um mit Spruchbändern, Flugblättern und Gitarrenklängen auf den Sinn von Weihnachten als Fest des Friedens und der Versöhnung aufmerksam zu machen. Einige Polizisten standen um sie herum, aber alles blieb soweit friedlich. Für ihre Ideale harrten sie bereits stundenlang im Regen aus. Regenwetter, wie schon in den letzten Jahren der Fall, war auch dieses Jahr zum heiligen Fest angesagt, von weißer Weihnacht keine Spur. Diese lag noch etwas länger zurück. Cornelia beäugte ebenfalls etwas kritisch die Kundgebung in der Einkaufsstraße neben hastig herumlaufenden Menschen, die noch auf den letzten Drücker Geschenke besorgten. Die Szene stimmte sie nachdenklich. Für einige Augenblicke kehrte Conny tief in sich, bevor sie sich wieder dem Verzieren des Tannenbaumes widmete. Eine Kerze hier, eine rote Kugel da, auf einmal wurde ihr schwindelig. Sie setzte sich erst mal an den Wohnzimmertisch mit der 'Hörzu' in ihrer Hand. 'Wir wünschen allen Lesern frohe Festtage und ein erfolgreiches Jahr 1975!' stand auf der Titelseite. Beim Lesen kam Conny nur wenige Zeilen weit. Sie fühlte sich zu matt. „Liebe Leute, ich muss mich mal kurz im Schlafzimmer hinlegen!“ verabschiedete sie sich vom Rest der Familie. 'Ach, einfach nur mal kurz entspannen,' war ihr erster Gedanke beim Langmachen auf der Matratze. 'Danach darf die Arbeit für diesen besonderen Tag meinetwegen weitergehen.' Ein tiefer Atemzug, ein weiterer, dann fielen ihr die Augen zu. Die Geräusche um sie herum verstummten, Stille nahm ihren Platz ein. Es folgte ein schier endloses Dahinschweben in einem leeren, dunklen Nichts, bar jeglichen Zeitgefühls im ewigen Raum der Schwerelosigkeit. Plötzlich gab die sie umwobene Dunkelheit einen Blick wie durch ein Kaleidoskop frei. Die Konturen wurden klarer, die Farben kräftiger. Schließlich löste sich die Finsternis vollständig auf. Conny stand auf einer blühenden Sommerwiese unter einem blauen Firmament, umgeben von Mischwäldern, grünen Hügeln und Seen, in denen sich die Farbe des Himmels widerspiegelte. Dieser Ort, diese Bilder - Erinnerungen aus vergangenen Zeiten kehrten zurück. Sie war wieder in Ostpreußen, der Wiege ihrer Kindheit. Gefühlt musste es schon eine Ewigkeit her sein, dennoch hatte sie nichts davon vergessen. Dieses einzigartige Fleckchen Erde, ein Naturparadies, idyllisch breitete es sich in alle Himmelsrichtungen um sie herum aus. Cornelia rannte über die mit bunten Blumen aller Art verzierte Wiese, begleitet von einer warmen Brise, welche durch das Haar eines Mädchens von jugendlicher Frische wehte. Manchmal hüpfte sie dabei vergnügt herum und wand ihr Gesicht mit geschlossenen Augen der Sonne zu, wie in alten Kindertagen. Direkt vor ihren Augen tauchte der Haflinger Hengst Caballo aus dem Gestüt ihrer Großeltern auf. Sie lief ihm zur Begrüßung entgegen, wollte ihn streicheln, doch schien mit einem Mal die Harmonie gestört zu sein. Das Tier wirkte irgendwie aufgebracht, es blieb auch nicht stehen wie sonst, um sich streicheln zu lassen. Mit einem verzweifelten Wiehern trampelte es wild und ungezügelt an dem Mädchen vorbei, schlug einen Haken nach links und galoppierte wie vom Teufel geritten über die Hügelkuppe davon. Was war geschehen? Verunsichert blieb sie stehen, warf zuerst einen Blick über die hügelige Landschaft, anschließend in den Himmel. Von der Seite brachen graue Wolken herein und verdrängten rasch das sommerliche Tiefblau. Ein Sturm zog auf im Garten Eden, Blätter flogen massenhaft umher, Äste krachten, Regen setzte ein. Cornelia rannte so schnell sie konnte, jetzt aber nicht mehr vor Freude, sondern vor lauter Angst. Die Lage wurde derweil immer unbarmherziger. Jetzt wurde es auch noch richtig kalt, so kalt, dass die Regentropfen augenblicklich in der Luft kristallisierten und als Schneeflocken herunterfielen. Ein warmer Ofen oder Kamin musste unbedingt her. Plötzlich donnerte es irgendwo hinter ihr in der Ferne, ein Gewitter offensichtlich. Das Donnern wurde lauter, der Lärmpegel steigerte sich zu einem regelrechten Dröhnen. Nun fing auch noch die Erde an zu beben. Schreck lass nach, das war kein Gewitter, es waren Granateinschläge, die immer näher kamen! Das total verängstigte Mädchen wollte nur noch nach Hause zu ihrer Familie, wo es mit Sicherheit schon erwartet wurde. Die Schritte wurden schneller und schneller, bis Conny über der mittlerweile hoch aufgehäuften Schneedecke keinen Bodenkontakt mehr spürte. Sie flog förmlich durch die winterliche Landschaft, bis hinter einem kleinen Tannenhain das so sehr herbeigesehnte Haus der Familie auftauchte. Dort hatte man sie lieb, dort gab es Wärme und Geborgenheit, Schutz vor dem drohenden Unheil, dass sie so gnadenlos verfolgte.

Die ganze Familie saß bestimmt schon vor dem muckelig warmen Kaminfeuer zusammen, dessen brennende Holzscheite immer so schön knisterten, und feierte fröhlich Weihnachten mit Großvaters eigens hergestelltem Honiglikör und Großmutters lecker gebackenen Keksen. 'O nein!' dachte sie nur, als sie die Tür öffnete. Das Zimmer war komplett leer, keine Familie, weder Kamin noch Weihnachtsbaum, gar nichts außer kahle Wände, die Bedrohlichkeit ausstrahlten. Wo waren sie alle geblieben? Mit einem Mal wurde es hektisch. Vater, Mutter, Geschwister, Großeltern, alle tauchten schlagartig auf und wirbelten ungeordnet umher. „Cornelia, beeil dich, du musst fliehen!“ flehte ihre Mutter sie an. „Aber Mama,“ fing Conny an zu weinen, „wieso muss ich fliehen?! Ich bin doch hier zu Hause und außerdem ist Weihnachten!“ „Weihnachten ist längst vorbei, du musst fliehen!“ wiederholte die Mutter eindringlich mit panischer Stimme. Alle brausten aus dem Haus, Conny hinterher.

Draußen angekommen sah man viele Menschen auf der Straße, die alle nur noch, so schnell es ging, laut schreiend in eine Richtung liefen. Die ganze Stadt schien auf der Flucht zu sein. Aber warum? Wieso spielten auf einmal alle verrückt? Cornelia verstand die Welt nicht mehr. Sie blieb zunächst wie angewurzelt stehen und drehte sich um. Schlagartig fing das Blut in ihren Adern zu gefrieren an. Eine wilde Horde Soldaten kam mit hassverzerrten Gesichtern zähnefletschend auf sie zugerannt. Der graue Himmel über ihnen wechselte seine Farbe auf blutrot! Jetzt nahm auch sie die Beine in die Hand und spurtete davon, am Rathaus vorbei, wo die an der Hauswand in Röhrenhalterungen gesteckten Fahnen just in Flammen aufgingen, der fliehenden Masse hinterher. Überall aus den Seitenstraßen kamen Panzer auf sie zugerollt, einer befand sich direkt hinter ihr. Und wieder dieser tiefe Schnee, der ihr mittlerweile bis zum Bachnabel ging. Um Himmels willen, sie war zu langsam! „Mutter, Mutter, hilf mir!“ schrie sie todesängstlich in Richtung Menschenmenge, die schon viel weiter vorne am Türmen war. Das Rasseln von Metallketten drang immer lauter in ihr Trommelfell. Jeden Augenblick würde das metallische Monster sie überrollen und damit ihrem jungen Leben ein Ende bereiten. Die Schneemassen waren absolut nicht mehr zu bewältigen. Cornelia versank sprichwörtlich in ihnen, bis sie auf einmal in eine Spalte fiel und liegen blieb. Nun war der Jäger genau über ihr und hielt an. Das Herz schien vor lauter Angst in der Brust zu zerspringen, nur der dröhnende Motor über ihr war noch stärker zu hören. Gab es jetzt noch eine Möglichkeit zu entkommen? Aber wohin?!
 
Weihnachten - Fest der Besinnung (Teil 2)
Kurze Zeit später begann der Stahlkoloss, sich mit kreisenden Bewegungen immer tiefer in den Schnee hineinzubohren mit dem Ziel, sein Opfer im wahrsten Sinne des Wortes zu zerquetschen. Connys verzweifeltes Gekreische wuchs zu einem Lärmpegel an, der selbst das Geräusch des Kettenfahrzeugs noch übertönte, das ihrem Rückgrat immer näher kam. Nur noch wenige Zentimeter trennten sie von dem todbringenden Stahlmantel, als unerwartet ein junger Soldat, kaum älter als sie selbst, mit einer Panzerfaust dem Feind entgegentrat. „Hilf mir! Bitte!“ schrie Conny den Mann an, der mit grimmiger Miene zum Schuss ansetzte. Tränen strömten in ihre Augen, die Umrisse verschwammen. Weshalb zögerte dieser Mensch eigentlich noch? „Schieß endlich! Schieß!!“ Feuer! Ohrenbetäubend laut krachte das Projektil der Panzerfaust mit zerberstender Gewalt in den Metallriesen hinein. Ein greller Pfeifton belegte augenblicklich das Trommelfell, ein Flammeninferno breitete sich langsam vor ihren durch Tränen angeschwollenen Augen aus. Ein Mann kam schreiend wie am Spieß aus dem Panzer geklettert und warf sich brennend in den Schnee. Das Feuer kam jetzt von allen Seiten auf sie zu. Cornelia brüllte ihre ganze Verzweiflung hinaus! „He Conny!“ Jemand schüttelte von der Seite an ihrem Brustkorb, erst leicht, dann zunehmend kräftiger. Noch immer lag sie im tiefen Schnee unter dem tonnenschweren Kampffahrzeug, umgeben von einem wütenden Flammenmeer. Wo blieb der junge Soldat, ihr Lebensretter? „Conny!“ Plötzlich schob sich eine helfende Hand durch die Feuerwand und zerrte heftig an ihr. „Liebling, wach auf!“ Die Hand zog ihren Körper mitten durch die Flammen. Seltsamerweise spürte sie keine Hitze, aber es wurde blendend hell, sie ertrank förmlich im Licht.

Einen Augenblick später verschwand die Helligkeit abrupt und Dunkelheit kehrte zurück... Cornelia schreckte mit einem lauten Seufzer hoch, so dass sie aufrecht im Bett saß und sich völlig verwirrt umsah. „Wo bin ich!?“ Gerold beugte sich vornüber, bis er beide Schultern von ihr zu fassen bekam. „Schatz, du bist zu Hause!“ Er schob sie etwas näher zu sich und streichelte sanft über ihre Wange. „Es ist alles in Ordnung, du hast nur schlecht geträumt!“ „Mami, Mami!“ riefen Anton und Ellen, während sie ins Schlafzimmer gestürmt kamen.

Ihre Tochter warf sich sogleich zu Mutter aufs Bett und kuschelte sich fest an sie heran. „Mami, was ist los, hast du was Böses geträumt?“ „Ist schon gut, mein Schatz,“ wollte Cornelia ihre kleine Tochter beruhigen, wobei sie liebevoll über ihr langes blondes Haar strich. „Mama, du musst dir jetzt mal den Weihnachtsbaum anschauen,“ meinte Anton. „Ö...Weihnachtsbaum?“ fragte sie noch immer reichlich desorientiert. „Ja Mami,“ meldete sich Ellen zu Wort. „Wir haben ihn jetzt ganz toll geschmückt.“ Alle bestaunten das inzwischen für die anstehenden Festtage dekorierte Wohnzimmer. „Können wir nicht schon mal die Kerzen anzünden?“ bettelte Ellen, die ihre Bescherung anscheinend kaum noch erwarten konnte. 'Eigentlich gar keine schlechte Idee bei der eintretenden Dämmerung,' dachte Conny so für sich und warf dabei einen Blick aus dem Fenster in Richtung Fußgängerzone. Erstaunlicherweise harrten dort immer noch einige hartnäckige Manifestanten vor ihren Werbeständen aus, obgleich der anhaltende Regen kein bisschen abgeklungen war. Plötzlich kam ihr ein zündender Gedanke. Sie ging in den Kellerraum, wo eine Menge Küchenutensilien aus alten Familienbeständen gesammelt wurden. Gerolds Eltern brachten früher von Zeit zu Zeit an Besuchstagen immer mal Töpfe, dann wieder Pfannen, Geschirr, Besteck und so weiter mit, die sie von überall her aus diversen Haushalten aufgetrieben hatten, in denen sie nicht mehr benötigt wurden. 'Für schlechte Zeiten, wenn's mal wieder Krieg gibt,' so die Begründung der alten Herrschaften. Cornelia schnappte sich als erstes den riesengroßen Suppentopf, der etliche Liter an Inhalt fasste. Teller, Löffel, in Hülle und Fülle vorhanden, legte sie mit hinein. Schwer beladen schleppte sie alles nach oben in die Küche, um gleich nochmal aus dem Keller die Konserven mit Erbsensuppe hervorzuholen.

Verwundert sah ihre Familie sie an, als der Inhalt der Büchsen in den frisch gereinigten Topf platschten, bis er randvoll war, viel zu viel für eine vierköpfige Familie. „Conny, wollten wir nicht am Heiligen Abend die Ente braten, die ich kürzlich vom Wochenmarkt mitgebracht habe?“ „Mama! Ente essen, nicht Suppe!“ jammerte die kleine Ellen ganz enttäuscht. „Kinder, die Suppe ist auch nicht für euch! Natürlich brate ich nachher die Weihnachtsente für uns alle. Jetzt habe ich erst Mal anderes zu tun.“ Seinem Stirnrunzeln zufolge erwartete Gerold eine genauere Darlegung ihres Vorhabens. „Schatz, kannst du mir mal bitte erklären, was du da gerade machst? Willst du eine ganze Kompanie mit der Erbsensuppe verpflegen?“ Ihr ach so typisch drolliges Lächeln kam zurück, als sie zu ihm herübersah. „Genau das habe ich nicht vor! Aber schau doch mal aus dem Fenster, vielleicht fällt es dir auf?“ Gerold ging zum Küchenfenster. „Was?!“ fragte er mit einer Stimme, aus der man schon Entsetzen herauslesen konnte. „Du willst diese langhaarigen Hippies da hinten mit der Suppe versorgen? Was machen die überhaupt noch um diese Zeit vor den Geschäftsreihen? Die sollten auch mal langsam alle nach Hause zu ihren Familien gehen, falls man sie dort überhaupt noch empfängt!“ „Gerold, diese 'langhaarigen Hippies', wie du sie zu nennen pflegst, tun das nicht aus reinem Selbstzweck, vielmehr sollte ihre Überzeugung uns allen ein Vorbild sein!“ Cornelias Miene wurde ernster ohne ihren Mann damit überzeugen zu können. „Frieden schaffen ohne Waffen! Blödes Gewäsch! Haben die überhaupt eine Vorstellung vom wirklichen Leben?“ „Gerold, hast du vielleicht eine Vorstellung davon, wie es dir und mir ergehen würde, wenn unser Anton später mal an irgendeiner Front verheizt werden sollte!“ „Ich denke, du übertreibst ein wenig...“ Sie wurde energischer. „Ich habe das Gefühl eines Krieges damals an Leib und Seele gespürt und mit Verlaub gesagt, ich habe eine Vorstellung vom wirklichen Leben, weil ich es um ein Haar verloren hätte!“ Gerold stutzte. „Schatz, so dramatisch hast du nie davon gesprochen.“ „Alles zu seiner Zeit! So, die Suppe ist heiß genug. Sei bitte so lieb und hol mal den Bollerwagen aus dem Keller, damit ich den nicht auch noch schleppen muss,“ meinte sie abschließend. Ihr Mann zögerte mit bedröppeltem Blick. „Gerold, was ist los, brauchst du vielleicht einen Einsatzbefehl?“ fragte sie zynisch. Die Dämmerung war fast vollendet, als Conny samt Bollerwagen, beladen mit Suppe, Tellern und Löffeln im Regen, der sich inzwischen in einen leichten Nieselregen verwandelt hatte, Richtung Innenstadt aufbrach.

Auf halber Strecke warfen ihr schon einige der noch verbliebenen Demonstranten neugierige Blicke entgegen, ein kunterbunter Kleidermix von etwa 20 Personen, die im Lichterschein der Geschäftsreihen zusammenstanden und eigentlich nur noch untereinander diskutierten, da sich offensichtlich niemand anderes mehr für ihr Anliegen interessierte. Auch die Polizei war inzwischen wieder abgerückt. „Mensch, das ist ja vielleicht ein Service,“ bemerkte der Erste unter ihnen, der verstand, was auf sie zukam. Vermutlich hatte es keiner der Protestler erwartet. Dankeslob kam von allen Seiten, während Cornelia einen Teller nach dem anderen vollschöpfte, bis der Topf restlos leer war. Zufriedene Gesichter, Menschen, denen es unverkennbar schmeckte, warfen ihr freundliche Blicke zu. Ein Mann mit langem, wehenden Haar und spitzem Bart reichte der Gönnerin Informationsmaterial zu der weihnachtlichen Veranstaltung und verwickelte sie in ein Gespräch. Binnen weniger Minuten war alles verzehrt, Teller und Löffel wurden wieder ordnungsgemäß auf den Wagen zurückgestellt. Conny war gerade im Begriff den Heimweg anzutreten, als sie auf ein älteres Ehepaar aufmerksam wurde, welches sich geradeswegs auf die Menge zubewegte, Gesichter, die alles andere an Stelle von Freundlichkeit ausstrahlten. „Ist doch unglaublich, was dieses Volk sich herausnimmt!“ sprach der Mann zunächst noch in Richtung Gattin, derweil er beim Näherkommen seinen Spazierstock bedrohlich durch die Luft schwang. „Ihr Kommunisten, einsperren sollte man Euch alle!“ Der ältere Herr blieb trotz seiner Verunglimpfungen von den Demonstranten weitestgehend unbeachtet. „Habt ihr nichts besseres zu tun?! Wenn ihr euch wirklich in der Politik nützlich machen wollt, dann sorgt gefälligst dafür, das die Russen uns die deutschen Ostgebiete zurückgeben!“ „Jawohl, tut lieber mal was für unser Land, statt nur auf der Straße herumzulungern,“ stimmte seine Frau mit ein. „Meine Heimat ist Ostpreußen, dorthin möchte ich gerne noch zu Lebzeiten zurückkehren können,“ fuhr der Gatte weiter fort. Den Rücken zur Straße gerichtet, hielt Conny den Bollerwagen mit beiden Händen fest und schaute den alten Herrn eindringlich an. „Guter Mann, ich glaube, der Traum ist ausgeträumt!“ Sie drehte sich um und verschwand im Schein der Straßenlaternen.
 
Weihnachten - Fest der Besinnung (Teil 3)
Der Entenbraten mit Kartoffeln und Rotkohl galt als kulinarischer Höhepunkt des Heiligabends. Diese glücklichen Kinderaugen, Gesichter, die beim Verspeisen vor Freude mit fettigen Pausbäckchen glänzten und Zähne, die alles fein säuberlich bis auf die Knochen abnagten, sorgten doch noch für eine weihnachtliche Stimmung innerhalb der Familie. Danach war es endlich soweit mit der Bescherung. Die Eltern saßen Arm in Arm auf dem Sofa und genossen schweigend den Anblick spielender Kinder im Kerzenschein, dessen Licht neben den bunten Christbaumkugeln nur einen winzigen Teil des Wohnzimmers erhellte, derweil die Stunden verrannen. Nachdem die erste Begeisterung über die neuen Geschenke abgeflaut war, flitzten die Kleinen zu ihren Eltern auf den Schoß. „Ich will zu Mami!“ rief Ellen als erstes und ließ sich von ihrer Mutter hochnehmen, während Anton beim Vater Platz fand. „Sag mal, Mama...“ fing das Mädel leise schüchtern an zu fragen. „Entschuldige, Schatz, du musst etwas lauter reden. Du weißt ja, Mama ist auf dem linken Ohr etwas schwerhörig, unterbrach sie die Kleine und neigte ihren Kopf leicht nach unten. „Sag mal, Mama, wer hat denn die viele Suppe gegessen?“ Conny drückte Ellen fest an sich und strich ihr mit dem Finger leicht über die niedliche Stupsnase. „Die haben Menschen bekommen, die hungrig waren,“ sprach sie mit sanfter Stimme. „Versteh ich nicht. Wieso haben diese Menschen denn nichts zu essen?“ fragte Ellen ganz verwundert. Cornelia fand es an der Zeit, ihrer Familie einige Erlebnisse aus vergangenen Zeiten zu erzählen. Sie fing mit dem Albtraum des vergangenen Nachmittags an, trug alles so vor, wie man es Kindern begreiflich machen konnte, von den Bildern, die ihr dort begegnet waren, von der Flucht, wie sie tatsächlich stattfand, und zu allerletzt beschrieb sie ihre spektakuläre Rettung durch einen jungen Soldaten, der sich wagemutig einem russischen Panzer entgegengestellt hatte. Geduldig hörte die ganze Familie zu, ergriffen von alldem, was Conny erzählte. „Mami, kochst du nächstes Jahr Weihnachten wieder Suppe für die hungrigen Menschen?“ fragte Ellen, als Mutters Erzählungen ein Ende gefunden hatten. „Gewiss, mein Liebes und du darfst mir gerne dabei helfen, wenn du möchtest.“ „Au ja, dann gehen wir zusammen dahin!“ rief die Kleine begeistert. „Jetzt ist es allerdings Zeit zum Schlafen gehen, Kinder. Kommt, Zähne putzen und dann husch husch ins Körbchen!“ Cornelia und Gerold blieben noch lange Zeit im Wohnzimmer sitzen, umgeben von einem weihnachtlichen Ambiente. Er legte zärtlich seinen Arm um sie, als sie ihren Kopf an seiner Schulter lehnte. Die müden Augen wollten nicht mehr offen bleiben, hatten zu viel erlebt an diesem Tag. „Ich habe bis heute nicht gewusst, dass es so schrecklich für dich war, Liebling!“ fing Gerold auf einmal an, der schon länger nichts mehr gesagt hatte. „Ich habe bis heute auch niemals davon gesprochen. Es war die ganze Zeit tief in meinem Innern versteckt und fand keinen Zugang zu mir. Ich habe es einfach nicht an mich herangelassen.“ Die Kerzen waren längst ausgebrannt, als sie immer noch Arm in Arm auf dem Sofa saßen. Es war so angenehm ruhig in dem dunklen Raum, nur noch das Licht der Sterne fiel aus dem inzwischen aufgeklarten Nachthimmel durch das große Wohnzimmerfenster und zeichnete eine schwache Silhouette in Form eines Weihnachtsbaumes in die ansonsten finstere Umgebung hinein. Stille Nacht, heilige Nacht!
( Klaus Brehme)

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Ein Flüchtlingstreck 1944 oder 1945. Die Flucht aus Ostpreußen ist unkontrolliert, Hundertausende sterben durch Entbehrungen, Kälte und Hunger. Jeder, der sich über Kriegsflüchtlinge beschwert, die "unser Land" "überrennen" sollte einmal darüber nachdenken, wie Deutsche verzweifelt vor ca. 80 Jahren selber Asyl - für Schutz gegen Gewalt - in etlichen Ländern gesucht haben!
 
Mein Weihnachtsgefühl
Jeder der ein christliches Weihnachtsfest feiert, kennt dieses Gefühl. Aufregung, Vorfreude, der Blick für alles Schöne und Gute. Mitgefühl, Nachsicht und die Unschuld eines Kindes erfasst das Gemüt. Das alles weht einen ins Herz und lässt uns hoffen auf ewigen Frieden und Glück. Meistens ist am ersten Weihnachtsfeiertag wieder Schluss damit. Wir denken an Sylvester und wo man es hinter sich bringen wird und spätestens nach Heilig Dreikönig gehen wir wieder unserem nüchternen Alltag nach.

Ich war eine Frau in den besten Jahren. Ich sehe durchschnittlich aus, ich verdiene durchschnittlich in einem kleinen Handwerksbetrieb als Buchhalterin. Ich bin alleinstehend aber nicht unglücklich damit. Ich habe Bekannte und Nachbarn. Ich bin nicht unfreundlich aber auch nicht aufdringlich und am liebsten verbringe ich meine Freizeit alleine in der Natur. Überschwängliche Emotionen sind mir genauso fremd wie ständiges Geschnatter um unnützes Zeug. Esoterik und aller Art von Religionen lehne ich ab.
Soviel dazu.

Meine Geschichte begann vor einem Jahr kurz vor Weihnachten. Überall drängte sich wieder der schillernde Konsum unnützem Kitsch auf. Ich mied den Weihnachtsterror wo es nur ging. Im Betrieb herrschte eine ausgelassene Stimmung. Wir tranken Glühwein und aßen Plätzchen und ich machte mich frühzeitig davon um noch etwas spazieren zu gehen. Ich packte mich warm ein und lief zu unserem Stadtfriedhof. Der richtige Platz um sein Ruhe zu haben. Ich ging an eingeschneiten alten Gräbern mit unbekannten Inschriften vorbei. Es war totenstill. Plötzlich verharrte ich an einem Grab, deren Stein die Form eines Herzens hatte. Es war ein neueres Grab. Ein Kind lag dort begraben. Es wurde nur sechs Jahre alt. Es wurde am Heiligen Abend geboren und war auch letztes Jahr am Heiligen Abend verstorben. Ein kleines Bild zeigte ein Mädchen mit fröhlichem Lachen und braunen Zöpfen.

Ich starrte auf das Bild und mir zog plötzlich etwas durchs Herz, Mark und Bein. Ich griff mir an die Brust und dachte ein Herzinfarkt überfiel mich, aber es war etwas anderes. Ein warmes, leichtes und unglaublich intensives Gefühl strömte plötzlich durch meine Adern. Ich spürte eine mir völlig unbekannte Leichtigkeit und Freude. Erschrocken blickte ich mich um. Ich fühlte mich an diesem Ort meiner Gefühle ertappt. Schnell verließ ich das Grab und den Friedhof. Zu Hause verkroch ich mich gleich ins Bett und fiel in einen traumlosen Schlaf. Am nächsten Morgen erwachte ich wieder mit diesem seltsamen Gefühl der Freude und Zuversicht.

Es fühlte sich an, wie wenn ich jemanden mit tiefster Liebe erwarten würde. Ich duschte kalt und verließ unruhig das Haus. In der Arbeit fragten mich die Kollegen ob ich guter Dinge wäre, ich hätte ein Strahlen in den Augen. Beim Bäcker, die Nachbarn, Kollegen, alle Menschen in meiner Umgebung, sie lächelten mich an und wünschten mir fröhliche Weihnachten. Ich lief anscheinend den ganzen Tag mit einem Grinsen im Gesicht herum.

Etwas war mit mir geschehen. Ich wollte plötzlich die ganze Welt umarmen. Ich freute mich über das Morgengrauen und empfand den Tag als mein persönliches Geschenk. Weihnachten ging ich in die Kirche und nahm die Einladungen verschiedener Bekannten gerne an. Ich führte lang vorhergeschobene Gespräche mit entfernten Verwandten und erlebte meinen ersten Weihnachtszauber. Alles fühlte sich gut und richtig an.

Am Anfang versuchte ich es noch zu ignorieren, stieß es immer wieder von mir. Aber es ließ mich nicht mehr los, dieses Gefühl. Ärzte, Psychologen, Geistliche, jeder wusste etwa dazu zu sagen. Aber keiner konnte mir erklären was mit mir los war. Ich nannte es bald mein Weihnachtsgefühl, denn auch lange nach den Feiertagen blieb es in meinem Herzen. Ich ergab mich ihm hin und durchlebte ein Jahr voller Zufriedenheit und Glück.

Vieles hatte sich dadurch verändert. Ich nahm meine Umwelt mehr wahr und hatte das Bedürfnis anderen mehr zuzuhören und zu helfen. Ich wurde gesellschaftsfähig.

Es forderte mich auch, dieses unbekannte Gefühl. Es verlangte etwas von mir. Als ob ich eine Aufgabe zu erfüllen hätte. Ich nahm eine ehrenamtliche Tätigkeit in einem Kindergarten wahr. Kinder verstanden mich am besten. Sie erfreuten sich am einfachsten im Hier und Jetzt und sahen dem Leben ohne Argwohn entgegen.

Ein wenig war ich wie sie geworden. Oft musste ich mich bremsen um nicht andere mit meinem Frohsinn zu erschrecken. Eine Blumenwiese, Schmetterlinge oder einfach ein Butterbrot versüßten mir den ganzen Tag.

Es war wieder Adventszeit geworden und wir bastelten im Kindergarten eine Krippe. Ich lauschte zufrieden dem Geplapper der aufgeregten Kinder und freute mich auf Weihnachten. Obwohl ich das ganze Jahr Glückseligkeit verspürte, war mein Gefühl zu dieser Zeit noch stärker geworden.

Eine Erzieherin erzählte eine Weihnachtsgeschichte. Die Kinder hörten mit großen Augen zu und es war herrlich ihnen zuzusehen. Als die Geschichte zu Ende war, erzählte die Frau den Kindern, dass ein kleines Mädchen diese Geschichte besonders mochte. Das Kind liebte Weihnachten über alles und es war an Heiligen Abend geboren und leider auch verstorben. Sie vermisst es sehr, denn das Mädchen war ein ganz besonderes Kind so wie alle Kinder etwas Besonderes sind. Die Frau hatte Tränen in den Augen.

Mich überfiel ein Schaudern. Mein Weihnachtsgefühl zeigte sich das erste Mal an dem Grabstein der wie ein Herz aussah und ich erinnerte mich noch gut an das Bild von dem kleinen Mädchen mit den Zöpfen.

In der Mittagspause nahm ich die Frau zur Seite und erzählte ihr meine Geschichte. Sie sagte mir sie sei die Mutter des Mädchens. Ihre Tochter war ein glückliches Kind dass nur Freude verbreitete. Weihnachten war ihre liebste Zeit und sie feierten ihren Geburtstag und das Kommen des Christkinds immer besonders innig und schön. Sie starb an einem plötzlichen Herztod.

Ich umarmte die Frau und sie ließ sich von mir trösten. Sie meinte, sie spürte eine wunderbare Wärme und Zufriedenheit, so als ob sie ihr Kind wieder in den Armen hält.

Wir wurden Freundinnen und wenn wir gemeinsam zu dem Grab ihrer kleinen Tochter gehen, strahlt das glückliche Lächeln des Kindes direkt in unsere Herzen.

Ich verstehe mich als Botschafterin dieses Mädchens. Mein Gefühl will, dass wir alle ein wenig mit Kinderaugen durchs Leben gehen und uns das ganze Jahr an den kleinen Dingen erfreuen. Für mich ist es das schönste Geschenk was ich je bekommen habe. Woher immer es auch kam, es gehört nur mir.

Versuchen Sie es doch auch. Irgendwo ist ein Gefühl, das nur auf sie wartet. Lassen Sie es in ihrem Herzen wohnen. Trauen sie sich ruhig. Warum sollte dann nicht jeder Tag ein bisschen wie Weihnachten für uns alle sein?
(Barbara Pronnet)
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Die Geschichte vom unglücklichen Engel

Es war einmal ein Engel, der hatte schon so vielen Menschen geholfen, aber selber war er manchmal sehr unglücklich. Er fühlte sich so klein und wertlos und dachte viel darüber nach, was ihn wertvoller machen könnte. Die Menschen sagten ihm „Kauf Dir etwas Schönes, dann fühlst Du Dich besser.“ Und so kaufte sich neues strahlend weißes Engelsgewand.

Erst fühlte sich der Engel damit ganz toll und alle anderen Engel bewunderten ihn. Nach einiger Zeit fand er sein neues Gewand aber nicht mehr interessant genug und so kaufte er sich golden glitzernden Sternenstaub. Den streute er auf sein Gewand und seine Flügel. Alle anderen Engel waren geblendet von seiner Schönheit. Doch schon wenig später fand sich der Engel wieder langweilig. Er dachte darüber nach, was ihn noch schöner machen könnte und so kaufte er sich von seinem ganzen restlichen Geld eine große weiße Wolke, die so weich war wie Samt. Ein Sonnenstrahl fiel auf die Wolke, so dass sie hell leuchtete. Der Engel war begeistert, legte sich auf die Wolke und ließ sich treiben.

Es dauerte nicht lange, da hatte der Engel wieder dieses schreckliche Gefühl so wertlos zu sein, trotz allem was er besaß und der Bewunderung aller anderen Engel. Da musste er ganz furchtbar weinen, weil er nicht mehr wusste, was er noch tun konnte. Er dachte sich: „ Ich stehe nie mehr auf! Es hilft alles nichts. Soll die Welt nur ohne mich auskommen. Das hat sie nun davon, dass sie mir nichts bieten kann, an dem ich länger Freude habe!“

Am ersten Tag war der Engel so traurig und wütend, dass er sich von allen anderen Engeln zurückzog und nicht mehr mit ihnen reden wollte.

Am zweiten Tag schaute der Engel in die endlose blaue Weite des Himmels und fühlte sich leer und tot.

Am dritten Tag fühlte er einen Sonnenstrahl auf seinem Gesicht. Da dachte er einen Moment: “Wie warm sich der Sonnenstrahl anfühlt!“ Aber dann fragte er sich gleich: „Was soll ich mit einem Sonnenstrahl? Er wird mir auch nicht weiterhelfen!“

Am vierten Tag kam der Sonnenstrahl wieder. Der Engel dachte sich: “Eigentlich ist der Sonnenstrahl das Beste, was ich im Moment habe und wenn er mir auch nicht helfen kann, so kann ich mich doch ein wenig an ihm wärmen!“

Am fünften Tag dachte der Engel schon gleich am Morgen an den Sonnenstrahl und stellte sich vor, wie schön es wäre, wenn er wieder kommen würde. Dabei wurde ihm warm ums Herz und er spürte, wie sich alles anders anfühlte bei dem Gedanken an den Sonnenstrahl.
Als der Sonnenstrahl dann wirklich kam, war der Engel so aufgeregt, dass er gar nicht wusste, ob er sich erst seine Füße oder seine Hände oder seinen Kopf wärmen lassen sollte.

Von da an war jeder Tag nur noch auf den Sonnenstrahl ausgerichtet. Der Engel dachte schon am Morgen daran, wie der Sonnenstrahl ihn bald wieder wärmen würde. Er ließ sich immer tiefer in die Vorstellung der Wärme fallen und merkte, wie sich seine Lustlosigkeit in Erwartung verwandelte und wie seine Traurigkeit und seine Angst an ihm vorüberzogen, ihn aber nicht mehr so tief erreichten wie früher.

Er fing an, wieder auf seiner Wolke hin und her zu gehen und dachte, wie schön es doch war, sich an etwas so freuen zu können. Der Sonnenstrahl durchströmte mehr und mehr seinen ganzen Körper. Die Energie des Lichts verteilte sich in ihm und der Engel bekam wieder neue Kraft. Er schwang seine Flügel und flog zu den anderen Engeln, um ihnen von dem Sonnenstrahl zu erzählen. Auf dem Weg dorthin trafen ihn unzählige Sonnenstrahlen und er wunderte sich, dass er sie früher nie so wahrgenommen hatte.

Der blaue Himmel war nicht mehr leer wie früher, sondern ein Meer des Lichts. Auf einmal fühlte sich der Engel wie im Himmel und nichts konnte ihm mehr die Hoffnung nehmen, wusste er doch nun um die Kraft der inneren Wärme, die es vermochte alles wundersam zu verwandeln.
(Andrea Schober)

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Was hat der Weihnachtsmann mit dem Rentierschlitten zu tun?
Warum fährt bei uns eigentlich der Weihnachtsmann immer mit dem „Rentier-Schlitten“, um jedes Jahr allen braven Kindern seine Geschenke zu bringen? Nun, die Antwort ist relativ einfach:

Auch, wenn viele Erwachsene nicht mehr an den Weihnachtsmann glauben: Jedes Kind kennt natürlich den Wohnort, wo der Weihnachtsmann lebt: Natürlich wohnt der Weihnachtsmann am Nordpol.

Und jedes Jahr am 11. November reist der Weihnachtsmann an diverse Orte in Deutschland. Hier erhält er alle Briefe, die die braven Kinder geschrieben haben. Meist mit Wünschen, was die Kinder gerne an Heilig Abend bekommen möchten. Oft auch Beispiele, wie brav sie das ganze Jahr gewsesen sind. Einige sogar recht "herzerwärmend". Hin und wieder möchte ein Kind nur als einziges Geschenk seine Mutter wieder haben, die gerade gestorben ist. Daß Corona und die Kriege beendet werden. Man glaubt nicht, wie viele Briefe von den Kindern nicht für sich selber gewünscht wird - wie manche Kinder auch an andere Menschen denken.

In diesen deutschen Städten beantwortet er mit 20 Helferinnen bis Heiligabend Kinderbriefe aus aller Welt. Die Wunschzettel sollten spätestens bis zum dritten Advent in diesen Orten eingehen, damit die Antwort rechtzeitig vor Heiligabend eintrifft. Ganz wichtig ist, daß auf jedem Brief der Absender steht, damit der Weihnachtsmann den Kindern antworten kann.
Die deutschen Orte: Himmelsberg (Thüringen), Himmelreich (Niedersachsen), Himmelsthür Hildesheim (Niedersachsen), Die Kinderinsel Vogtland e.V., Himmelpfort (Brandenburg), Christkinddorf Himmelpforten (Niedersachsen), Himmelstadt (Bayern), Engelskirchen (Nordrhein-Westfalen).
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Die bekannteste Adresse ist jedoch in „Lappland“ - in Finnland. Diese Adresse ist: Santa Claus Main Post Office (Weihnachtsmann Postamt), 96930 Arctic Circle (Polarkreis). Jedes Jahr werden zahlreiche Briefe von Kindern aus der ganzen Welt an diese Adresse geschickt.

Den Rest des Jahres (nach Advent und nach der Weihnachtszeit) lebt der Weihnachtsmann - wie bereits erwähnt am Nordpol. Hier produzieren er und seine Helfer die ganzen Geschenke.

Diese Helfer vom Weihnachtsmann haben verschiedene Namen. Hier in Deutschland sind es die „Wichtel“ oder „Heinzelmännchen“. In Finnland nennt man sie die „Tonttu“, in Schweden und in Norwegen heißen sie „Tomte“ oder „Nisse“. In den Niederlanden sind es die „Kabouter“ und in England nennen manche sie „Gnome“ oder „Erdgeister“.
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Wie wir gerade gelesen haben lebt der Weihnachtsmann am Nordpol – seine "Haupt-Post-Adresse" ist aber in Finnland. ... und wie kommt man am besten von Finnland zum Nordpol? Wie man weiß leben in Lappland die Rentiere. Diese Rentiere sehen ähnlich aus, wie unsere Hirsche:
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Diese Rentiere werden von den dort lebenden Menschen in großen Herden gehalten. In den Zeiten ohne Flugzeuge und ohne Autos haben diese Tiere große Lasten getragen und gezogen. Oft wurden die Schlitten nicht von Pferden gezogen – hier nutzte man vor allem die Rentiere. Natürlich nutzte und nutzt auch heute noch der Weihnachtsmann die „magischen“ Rentiere mit dem „magischen“ Schlitten. Das hat seinen guten Grund: heutige Autos können nicht fliegen und selbst moderne Flugzeuge sind für die Verteilung der Geschenke auf der gesamten Welt einfach zu langsam. Da bleibt doch wohl nur noch der altbewährte magische fliegende Rentierschlitten.
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… und das diese Geschichte wirklich wahr ist beweist jedes Jahr ein Lied, das auf jedem Weihnachtsmarkt gespielt wird: Seit 1949 wird dieses Lied gespielt. Die Interpreten mögen wechseln – das Lied aber bleibt:
Es ist die Geschichte von "Rudolph", dem Rentier mit der roten Nase. Das Lied ist so berühmt geworden, daß seither viele Menschen mit dem Weihnachtsmann auch einen Schlitten mit Rentieren verbindet. Und an der Spitze ist Rudolph und beleuchtet mit seiner roten Nase den Weg.

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„Rudolph, The Red Nosed Reindeer“
(Songs Und Ihre Hintergründe)
https://www.klamm.de/forum/threads/songs-und-ihre-hintergruende.477242/page-25#post-8199161

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Zuletzt bearbeitet:
Die Welt feiert Weihnachten:
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Um nicht immer nur auf deutsche und amerikanische Weihnachten zu schauen:
Wie feiert man auf der Welt Weihnachten?

„Nollaig Shona“ – in Irland gibt es den verrückten Weihnachtsbrauch, in der Weihnachtszeit zu Hunderten bei den eiskalten Temperaturen für ihr „Weihnachtsschwimmen“ ins eisige Wasser zu springen.
Was viele Deutsche auch schon länger machen – in die Fenster Kerzen zu stellen – ist eigentlich eine uralte Tradition aus Irland. Der Sinn hinter den Kerzen ist, Fremde zu begrüßen und an Familienmitglieder zu erinnern (die nicht zu Hause sein können).
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Diese Weihnachtstradition wiederum kommt ursprünglich aus der Seefahrt: Die Fischer, die für Tage oder für Wochen auf See waren sollten durch die Lichter am Fenster leichter nach Hause finden und nicht „auf der See bleiben“ (mit dem Schiff untergehen und ertrinken). Die Seelen der „auf See Gebliebenen“ sollten so nach Hause finden, um ihre Ruhe zu finden.

„God Jul“ – in Schweden gibt es ein ziemlich seltsames Weihnachts-Symbol. Obwohl die nordischen Länder eigentlich für ihre Rentiere und Elche bekannt sind steht hier der Ziegenbock für Weihnachten. Dieses Symbol für Fruchtbarkeit aus heidnischen Zeiten war der Vorgänger für den heutigen Weihnachtsmann. Der „Julbock“ wird als größere Strohfigur auf den öffentlichen Plätzen aufgestellt. Zu Hause wird der Weihnachtsbaum mit kleinen Ziegenböcken geschmückt. Im Fernsehen schauen die Schweden zu Weihnachten am liebsten die Zeichentrickfolgen von Walt Disney mit „Donald Duck“.
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„Hauskaa joulua“ – in Finnland geht man zu Weihnachten in die Sauna – danach geht man traditionell mit der gesamten Familie auf den Friedhof. Hier zündet man eine Kerze für die Verstobenen an. Wieder zu Hause dann gibt es die weihnachtliche Spezialität: warmen und süßen „Reis-Porridge“ mit Rosinen und Zimt.

„Mele Kalikimaka“ – in Hawaii kommt der Weihnachtsmann nicht mit dem „Rentierschlitten“ – hier kommt er mit einem Kanu seit dem letzten Jahrhundert auch schon mal auf einem Surfbrett.
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„Maligayang Pasko“ – in den Philippinen gibt es an dem Samstag vor Heilig Abend das „Parul Sampernandu“ (Giant Lantern Festival) in San Fernando. Elf Dörfer zeigen hier ihre kunstvollen selbstgebastelten Weihnachtslaternen, die um die Wette leuchten. Mit elektrischen Glühbirnen beleuchtet gibt es bis zu sechs Meter große Laternen. Das Festival ist ein großer Touristenmagnet.
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„Feliz Natal“ – in Brasilien ist man zu Weihnachten auf der südlichen Halbkugel gerade im Hochsommer. Trotz der Hitze kommt der Weihnachtsmann nicht in „Shorts und T-Shirts“ – er kommt wie im kalten Europa im dicken roten Mantel mit Bart und Mütze.
In der Hitze verbringt die Familie den Tag in den Sommerferien wenn möglich am liebsten am Strand. An „Heilig Abend“ sitzt die Familie dann zusammen und bereitet ein großes Weihnachtsmahl zu. Hier gibt es den amerikanischen Truthahn statt der Gans. Als Beilage nimmt man Reis oder Kartoffelsalat. Am 1. Weihnachtstag – die meisten müssen wieder arbeiten – besucht man sich unter Freunden und Verwandten und ißt gemeinsam „adeliges Essen“ (das Essen „von Gestern“).
Aus Mangel an Tannenbäumen in den Tropen gibt es einen künstlichen Weihnachtsbaum mit Lametta, bunten Kugeln und elektrischen Lichterketten.

„Feliz Navidad“ – in Venezuela kommt man am Heilig Abend auf eine besondere Art zur Weihnachtsmesse in die Kirche: Auf den dafür gesperrten Straßen kommt man statt mit dem Auto oder der Bahn auf Inlineskates und rollt in die Kirche.
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„Feliz Navidad“ – in Katalonien (Spanien) bemalen die Kinder mit „Tió de Nadal“ einen abgesägten Baumstamm mit einer Weihnachtsfigur. Danach bedeckt man den Stamm mit einem Tuch. Die Kinder singen nun und klopfen gegen den Stamm. Die gemalte und verdeckte Figur „beschert“ währenddessen den Kindern Süßigkeiten und kleinere Geschenke. Wenn das Tuch entfernt wird können die Kinder ihre Geschenke sich abholen.
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“C Рождеством“ - in Rußland ist der Weihnachtsgruß ein Geburtstagsgruß – immerhin hat Jesus ja Geburtstag. Hier wird Weihnachten erst am 6. Januar – wenn der erste Stern am Himmel erscheint - gefeiert. Eine alte Tradition ist etwas ganz kurioses: Am 6. Januar und die kommenden zwei Wochen suchen unverheiratete Frauen ihren künftigen Ehemann. Am Telefon geben sie ohne darüber nachzudenken zufällig (;o) oder auch gezielt) eine Telefon-Nummer ein. Derjenige, der abnimmt ist der zukünftige Ehemann.

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Engel Fidor rettet Weihnachten:
Engel Fidor hatte schon eine ganze Weile die Menschen beobachtet. Sie hasteten durch die Straßen von einem Geschäft zum anderen. Sie kamen mit großen Tüten heraus und schleppten sie zu ihren Autos. Auf den Straßen herrschte ebenfalls große Hektik. Überall standen die Autos in Schlangen vor den Ampeln , hupten wenn jemand nicht sofort losfuhr. Fidor staunte sehr über diesen Lärm und das Chaos. Weihnachten stand vor der Tür und die Menschen waren mehr gestresst als das ganze Jahr über. Er dachte an frühere Zeiten, als alles noch viel friedlicher zuging. Die Menschen hatten kleinere Päckchen in der Hand als sie im nächsten Laden ihre Weihnachtseinkäufe erledigten. Dafür lag meist ein geheimes Lächeln auf ihrem Gesicht. Vielen war die Freude einem lieben Menschen etwas Schönes zu schenken, ihn mit dem zu überraschen, was er sich heimlich gewünscht hatte, unschwer anzusehen. Engel Fidor dachte nach. Er konnte sich nicht vorstellen, dass die Menschen und vor allem auch die Kinder mit ihren großen Geschenken glücklicher waren als früher. Eher im Gegenteil schien ihm, dass die Spielsachen sich in vielen Kinderzimmer auftürmten und die Kinder nicht mehr wussten, womit sie überhaupt noch spielen sollten. Der Engel überlegte, was er machen konnte. So konnte es doch nicht weitergehen. Die Menschen schenkten sich Dinge , die sie gar nicht brauchten, waren in Hektik, obwohl ein schöner Abend zu Haus allen besser gefallen hätte. Da Fidor über himmlische Kräfte verfügte, beschloss er den Menschen einen Strich durch die Rechnung zu machen. Dieses Weihnachtsfest sollte wieder anders werden. Er dachte: „Es ist noch ganz am Anfang der Adventszeit und noch viel zu retten.“

Am nächsten Morgen war der 4. Dezember. Gegen 16 Uhr füllten sich die Straßen wie an den vorangegangenen Tagen wieder vermehrt mit Autos. Der Engel schloss die Augen und im nächsten Moment waren die Straßen weiß gefärbt. Die Autos blieben mit einem Schlag stehen. Es war kein Vorankommen mehr. Es war nicht etwa Schnee, der plötzlich vom Himmel gefallen wäre. Die Straßen waren mit einem gehärteten Leim überzogen. Die Reifen der Autos klebten an der Fahrbahn fest. Natürlich fluchten die Leite, stiegen aus ihren Autos aus und versuchten alles Mögliche um ihre Autos frei zu bekommen. Aber es ging nicht. Schließlich blieb den Menschen nichts andere übrig als ihr Auto stehen lassen und zu Fuß weiterzugehen. Die Straßen waren übersät mit Autos, aber es war ruhig. Kein Auto fuhr mehr und die Menschen verließen die Stadt ohne Einkäufe zu erledigen.

Natürlich sprach sich in der Stadt herum, was passiert war und die Menschen beschlossen am nächsten Tag nur mit Fahrrädern oder zu Fuß einkaufen zugehen.

Am 5. Dezember war es nun wieder 16 Uhr und es kamen vermehrt Leute in die Stadt. Die Kinder fanden es lustig , dass die Autos auf den Straßen klebten und für die Erwachsenen war es eine Attraktion dies zu sehen. Anschließend stürmten sie wieder in die Geschäfte um Weihnachtseinkäufe zu machen. Die Kaufhäuser waren überfüllt mit allem was man sich nur denken konnte. Da schloss Engel Fidor wieder die Augen und plötzlich ertönten in sämtlichen Kaufhäusern merkwürdige Geräusche. Es machte „Tak, Tak, Taktak“ und bei jedem Tak wurde ein Ladenartikel von den Einflüssen der Schwerkraft befreit, stieg auf wie Luftballon und stieß gegen die Decke. Nach wenigen Minuten hingen sämtliche Verkaufsangebote an den Decken der Warenhäuser. Die Verkaufshallen waren leer geräumt. Nur noch Ladentische und Regale ohne jeglichen Inhalt standen dort und es sah aus wie nach einem Hamsterkauf. Die Menschen waren völlig überrascht, gingen von einem Geschäft zum anderen. Doch überall war das gleich Bild. Am meisten geschockt waren die Ladenbesitzer. Sie versuchten die Waren von den Decken herunterzubekommen, aber ihre Kraft reichte nicht aus. Die Decke zog alles magisch an. Dies führt zu großer Aufregung. Die Menschen diskutierten miteinander, was nur los wäre und wie sie ihre Geschenke nun besorgen könnten. Die Geschäftsleute telefonierten wie wild und versuchten Ratschläge von Experten einzuholen. Aber nichts half. So mussten die Menschen schließlich die Städte tatenlos und ohne gefüllte Plastiktüten wieder verlassen und das am Tag vor Nikolaus.

Viele Eltern überlegten, was sie ihren Kindern denn nun zum Nikolaustag schenken könnten. Es war keine Zeit mehr etwas im Internet zu bestellen oder in die nächste Stadt zu fahren. So dachten sie nach, mit was sie ihren Kindern eine Freude machen könnten. Es wurden Gutscheine gebastelt „Einmal zusammen ins Kino gehen“ oder „Ein gemeinsamer Schwimmbadbesuch“. Es wurden Sterne und Herzen aus buntem Papier ausgeschnitten und aufgeklebt.

Der Engel sah zufrieden auf die neuen Aktivitäten der Menschen und viele Kinder fanden am nächsten Morgen die neuen Geschenkideen vom Nikolaus toll. Vor allem die Ausreden der Eltern, warum der Nikolaus dieses Jahr nicht so viele Geschenke wie sonst bringen konnte, fanden sie äußerst spannend.

Der Engel Fidor war jedoch noch nicht fertig mit seinen Plänen. Die Stadt sah jetzt doch zu verlassen und leblos aus. „Heute am Nikolaustag“, dachte er, „muss etwas Neues entstehen.“ Er schloss wieder die Augen.

Als er sie öffnete sah er den Nikolaus persönlich, auf seinem Schlitten in der Fußgängerzone anhalten. Er hatte seinen Schlitten voll geladen mit allen erdenklichen Sachen aus der Himmelswerkstatt: Holzautos, Stoffpuppen, Perlenketten, Schaukelpferde,.... Alles wurde von seinen fleißigen Helfern in die kleinen Läden gebracht und verteilt. Auf die Straße stellte der Nikolaus Tannenbäume mit echten Kerzen und in den Schaufenstern wurden Tannengrün und bunte Weihnachtskugeln aufgehängt. Auch die Erwachsenen sollten nicht leer ausgehen. Es gab viele schöne Dinge zum Verschenken, aber Computer, Handys und Markenartikel gab es nicht. In den Straßen duftete es nach Weihnachtsgebäck und Schokolade.

Es dauerte nicht lange, da kamen die ersten Menschen wieder in die Stadt zurück. Schnell sprach sich herum, dass hier etwas Seltsames geschehen war. Es gab nicht mehr das Gleiche zu kaufen wie in jeder anderen Stadt. Die Kinder standen vor den Schaufenstern und bestaunten die Sachen, die dort ausgestellt waren. Alle sahen so aus, als wären sie mit Liebe und Geduld hergestellt, eben von Herzen.

Auch die Erwachsenen hetzten nicht mehr durch die Straßen. Sie sprachen miteinander und schauten sich um als wären sie in einer verzauberten Welt. Es kam nicht mehr darauf an Wunschlisten abzuarbeiten. Jeder versuchte nachzuspüren, womit er einem anderen Menschen eine Freude machen könnte.

So musste auch niemand zum Weihnachtsfest leer ausgehen und der Engel Fidor war glücklich, dass die Menschen die Weihnachtszeit diesmal anders erleben konnten.
( Andrea Schober)
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Der Lange Weg des Weihnachtsfestes (Teil II)
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Erst einmal den Tipp:
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Wir hatten bereits
Den Adventskalender
https://www.klamm.de/forum/threads/...timmt-nie-braucht.481123/page-32#post-8392227
Den Mistelzweig
https://www.klamm.de/forum/threads/...timmt-nie-braucht.481123/page-18#post-8192751
Bunte Glaskugeln am Weihnachtsbaum
https://www.klamm.de/forum/threads/...timmt-nie-braucht.481123/page-32#post-8392232
Die Weihnachtskrippe
https://www.klamm.de/forum/threads/...timmt-nie-braucht.481123/page-32#post-8392294
Was der Weihnachtsmann mit dem Rentierschlitten zu tun hat
https://www.klamm.de/forum/threads/...timmt-nie-braucht.481123/page-32#post-8392530
Der Brauch mit den Keksen und dem Glas Milch für den Weihnachtsmann
https://www.klamm.de/forum/threads/...timmt-nie-braucht.481123/page-32#post-8393037
Weltweite Weihnachtsbräuche
https://www.klamm.de/forum/threads/...timmt-nie-braucht.481123/page-32#post-8393566

Der Lange Weg des Weihnachtsfestes (Teil I):
https://www.klamm.de/forum/threads/...timmt-nie-braucht.481123/page-18#post-8196507

In Teil I haben wir ja bereits gelesen,
- wie sich die Religion entwickelt hat,
- die „Saturnalien“, die schon viel von „Weihnachten“ hatten,
- den Sankt Nikolaus von Myra,
- Knecht Ruprecht,
- das Märchen vom „Coca-Cola-Weihnachtsmann“,

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Der Lange Weg des Weihnachtsfestes (Teil II):
Was kaum einer weiß: Die „frühen“ Christen feiern die Geburt von Jesus nicht. Für sie ist die Geburt von Jesus nur eine von vielen Geschichten. Verständlich: Auch wir haben nicht für jede einzelne Geschichte über Jesus einen Feiertag. Die Geschichte mit der Geburt kommt erst später auf, als man aus taktischen Gründen heidnische Feste in das Christentum mit den christlichen Hintergründen übernimmt.

Dieses geschieht, damit die heidnischen Götter und die ursprünglichen Bedeutungen verdrängt werden. Eine Taktik, die ständig von den Christen begangen wird. Zwei Beispiele: Das heidnische Fruchtbarkeitsfest mit den Eiern und dem Hasen als Symbolen – die zu dem christlichen „Ostern“ werden (Göttin des aufsteigenden Lichtes, Frühlingsgöttin, Fruchbarkeitsgöttin = „Ostara“).
Oder auch die heidnischen germanischen heiligen Orte (wie Eichen, gewisse Gewässer, Hügel ...) – die von den christlichen Kirchen überbaut wurden. Der Sinn: Wer als „Heide“ seine Götter anbeten wollte mußte so in die Kirche gehen. Heilkundige „heidnische“ Kräuterfrauen (und Männer), die viel über Heilkunst wußten – die als Vertreter der "schwarzen Magie" gerne verfolgt wurden, damit christliche Priester (später Ärzte) diese Heilkünste verdrängen konnten. Eigentlich eine lange Liste von Verdrängungen.

Genau so sieht denn auch der wahre Ursprung des Weihnachtsfestes aus: Fast alle Kulturen haben in der Zeit der Wintersonnenwende Feste. Jedes dieser Feste hat etwas mit Licht und der Wiederkehr der Natur zu tun. Die „heidnischen“ Römer feiern feiern die Geburt des „sol invictus“ – die Saturnalien. Mit dem Erstarken des Christentums im 4.Jahrhundert paßt die junge christliche Kirche diese heidnischen Feiern aus praktischen Gründen an den neuen Glauben an. Die Saturnalien werden verdrängt, indem man nun die Geburt von Jesus nimmt. Denn die Bibel nennt keinen Tag – auch keinen Monat.

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Münze mit dem Bildnis von „Theodosius I.“
Im Jahre 381 erklärt der römische Kaiser Theodosius den 25. Dezember per Dekret zur Geburt Jesu. Weihnachten ist geboren. Aber unser heutiges Weihnachtsfest ist doch am 24. Dezember? Die Erklärung: Wir feiern in den Geburtstag hinein. Nach dem antiken Kalender endet der Tag nicht um Mitternacht – sondern zur Dämmerung, wenn es dunkel wird. Der Tag bricht zum Abend an. So beginnt für uns Weihnachten am „heiligen Abend“.

Zurück zu unseren Vorfahren – die Germanen an. Der Winter hat das Land fest im Griff. Die Nächte sind lang und sehr kalt. Die Sonne ist nur selten zu sehen. … und die die Tage werden immer kürzer. Bis um den 22. Dezember. In diesen Tagen werden die Tage endlich wieder länger. Die Germanen feiern das „Jul-Fest“ – das „Fest des Lichts“ – das „heidnische“ Fest zur Wintersonnenwende.
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Der Versuch, das "Jul-Fest" bildlich darzustellen

Die christliche Lösung: Das "Jul-Fest - das „Fest des Lichtes“ wird die Geburt von Jesus – hat nicht das Licht des Sternes den drei heiligen Königen den Weg gezeigt? Will man nicht nach den Tod ins herrliche strahlende Reich Gottes? (Die Quelle für gleich mehrere Dinge: „Das Licht“: unsere Weihnachtskerzen. Der heidnische Gott (Fest des Lichtes) wird zum „Lichtbringer“, „Lichtträger“. Und was ist der lateinische Name für "Lichtbringer" / "Lichtträger"? – Übersetzt ins Lateinische: „Luzifer“! … und wer will schon den Teufel anbeten? Damit ist Luzifer künftig Satan, Urian, Beelzebub (Baal), der Teufel. Die Druiden, Kräuterfrauen, - kurz alle gebildeten Germanen sind in der „schwarzen Magie“ kundig. Hexer, Hexen, Helfer der Dämonen und Luzifers. Die einzigen, die gebildet sind (lesen und schreiben können, heilen dürfen …) sind Priester (später christliche Hebammen und Ärzte). Selbst Adelige können oft nicht lesen (Kampfkunst ist wichtiger als Bildung). Adelige haben einen Priester als Berater zum Lesen und für die Bürokratie. Noch eine lange Zeit tragen die "Teutschen" neben dem "Kruzifix" den heidnischen "Mjölnir" (den Hammer des Gottes Thor) als Halskette.
Die Höhepunkte der Verfolgungen von "Ketzern" (Andersgläubigen): Ständige Judenverfolgungen, die Kreuzzüge, das Auslöschen der "Katharer" (einer alternativen Glaubensrichtung im Christentum) - und im Mittelalter die Inquisition, die Hexenverfolgungen, in der tausende von Hexen ersäuft („Hexenprobe“), zu Tode gefoltert und verbrannt werden. Das Christentum verbreitet sich, die Naturreligion mit den germanischen Göttern geht unter. Genau, wie später in Osteuropa,Lappland, Südamerika …

Der Name „Weihnachten“
Bleibt nur noch, die Herkunft des Wortes zu klären. Der Name „Weihnachten“ kommt aus dem 12. Jahrhundert: aus „ze wihen naht“ wird „zur geweihten Nacht“. Hieraus wiederum wird unser Wort „Weihnachten“.
 
Auf Santa ist Verlass (Teil I)
Der Stationsarzt hörte beinahe den Stein der Erleichterung von Sallys und Frieders Herz poltern, als er ihnen mitteilte, sie dürften Kevin morgen wieder mit nach Hause nehmen. Seit gut zwei Wochen hatten die beiden abwechselnd am Krankenbett ihres Sohnes zugebracht, der mit einem rätselhaften Fieber eingeliefert worden war. Anspannung und Sorge hatten den beiden jungen Menschen tiefe Furchen ins Gesicht gegraben, doch die gute Nachricht wischte für einen Moment die Müdigkeit aus ihren Augen.
„Es ist Samstagnachmittag!“ stellte Frieder fest, als sie auf dem gebohnerten Krankenhausflur standen.
„Und morgen, am Sonntag, ist dann also der Tag vor Heilig Abend!“ spann Sally den Gedanken weiter. Sie wusste nicht, ob sie vor Erleichterung über den zufriedenen Bericht des Arztes lachen oder über den Zeitpunkt der Mitteilung weinen sollte.
„Immerhin ist Kevin wieder gesund!“ munterte Frieder sie auf. „Weißt du was? Ich sause los und versuche noch irgendetwas zu bekommen. Du bleibst bei Kevin und versuchst ihm klar zu machen, dass Weihnachten dieses Jahr etwas dürftig ausfällt.“ Er grinste ein wenig. „Weißt du, Sally, auch Santa Claus kann schließlich nicht überall gleichzeitig sein. Meinst du, du kannst das unserem Sohn begreiflich machen?“
„Ich versuche mein Bestes!“ versprach Sally tapfer, obwohl sie Kevin genau das bereits seit vier Tagen zu erklären versuchte.

Bevor sie diese schwere Aufgabe anging, lief sie schnell in die Eingangshalle zu den Kartentelefonen. Ihre Mutter würde heute Abend von London aus in den sonnigen Süden fliegen; sie wollte ihr gerne „Good-bye“ sagen.
„Hey, Mom“, begrüßte sie ihre Mutter, als die den Hörer gleich beim ersten Klingeln hochnahm, doch sie hörte nur nuschelnde Stimmen im Hintergrund: „Den Sonnenhut, ja, aber doch nicht diesen mit dem ganzen Gemüse drauf... Clare, wir fahren in die Wärme, was willst du mit dem Dufflecoat...“
„Mom, ich bin es, Sally“, versuchte sie dazwischen zu kommen.
„Wer?“ fragte eine irritierte Stimme.
„Na, hör’ mal, Mom, hier spricht deine einzige Tochter! Und das aus Deutschland!“
„Ach, Darling, wie schön...“, die Stimme entfernte sich vom Hörer, „nun bring mir nicht den ganzen Koffer durcheinander! Marianne, ich möchte die festen Schuhe aber mitnehmen...“ Der Hörer wechselte offensichtlich von einer Hand in die andere. „Wie geht es dir, Liebes? Hier ist so viel los!“
„Das merke ich“, grinste Sally resigniert, „ich wollte dir auch nur sagen, dass es Kevin besser geht. Er darf morgen nach Hause.“
„Das ist wunderbar!“ für einen Moment klang wirkliches Interesse aus der Stimme heraus.
„Das ist ja genau am Heiligtag. Na, da wird er sich aber freuen, was?“
„Klar“, stimmte Sally zu. Es hatte keinen Wert jetzt zu erklären, dass Kevin selbst es noch gar nicht wusste. „Aber stell die vor, Mom, wir haben nichts besorgt! Vor lauter Sorge um Kevin haben wir es verpasst, einen Weihnachtsbaum zu kaufen, geschweige denn irgendwelche Geschenke oder einen Truthahn!“ Ihr fiel auf, dass sie das Chaos ihrer Mutter damit eher fördern würde. „Ach...“, sie lachte betont fröhlich, „Frieder hat sich schon auf den Weg gemacht! Er wird sicher noch etwas bekommen!“ „Ja, ganz sicher“, bestätigte ihre Mutter abwesend, „dann grüß mal meinen Lieblingsenkel und gib ihm einen dicken Kuss von seiner Granny!“
„Mach ich, Mom, mach ich!“ versprach Sally. „Ich wünsche dir wundervolle Ferien mit Marianne, und ein schönes Fest und eine gute Reise!“ Es hatte keinen Zweck, das Gespräch weiter zu führen. „Bye, Mom, bye!“ Sie hörte das Klicken in der Leitung und war nicht einmal sicher, ob ihre Mutter die letzten Worte wahrgenommen hatte.

Ein wenig traurig drehte sie sich um und ging geradewegs zu Kevins Zimmer, um ihm die guten Neuigkeiten zu erzählen – und um ein wenig seine Gedanken an Santa Claus zu bremsen.

Kevin bemerkte nicht einmal, dass jemand hereingekommen war.
„Natürlich kommt Santa auch zu dir!“ versicherte Kevin gerade seinem Nachbarn, einem zierlichen, blonden Jungen, der mit großen ängstlichen Augen in die Welt schaute. „Santa vergisst niemanden, auf den ist Verlass!“ Es hörte sich an, als spreche er von einem guten Kumpel.
„Du meinst, er findet mich hier?“ fragte der Kleine zaghaft.
„Aber klar, mich findet er hier ja auch!“ erklärte Kevin im Brustton der Überzeugung. „Santa Claus weiß einfach alles und sieht auch alles!“
„Soso, kennt er auch deine Schandtaten?“ fragte Sally lachend.
„Aber Mami“, treuherzig sah Kevin zu ihr auf, „bei mir kann er doch gar keine finden!“
„Nein?“ Sally zog die Augenbraue hoch. „Aber hier wird er dich auch nicht finden. Jedenfalls nicht am Heiligen Abend! – Du darfst nämlich morgen nach Hause kommen.“
„Whow!“ Kevin sprang begeistert auf und umarmte seine Mutter. „Dann findet er mich eben zuhause!“
„Weißt du, Santa Claus hat sehr viel zu tun“, begann Sally vorsichtig, „vielleicht solltest du nicht ganz so fest mit ihm rechnen. Sieh mal: du warst im Krankenhaus, nun muss er umplanen, weil du wieder zuhause sein wirst. Grandma besucht er normalerweise in London, dieses Mal ist sie auf Mallorca. Das ist für Santa ein hübscher Umweg.“
Doch so sehr Sally auch versuchte Kevin eine herbe Enttäuschung zu ersparen, sie schaffte es nicht, ihn zu überzeugen, dass ein Weihnachtsmann tatsächlich in Schwierigkeiten kommen konnte. Als Frieder am Abend zur Ablösung kam, damit Sally in ihrem Kiosk arbeiten gehen konnte, zuckte er nur bedauernd die Schultern. Er hatte kaum noch etwas erreicht. Auch Sally schüttelte den Kopf. „Versuch du es noch einmal“, munterte sie Frieder grinsend auf, „ich habe mein Bestes getan!“

Während Frieder zwei anstrengende Stunden damit zubrachte, Kevin die Menschlichkeit von Santa Claus zu erklären, der tatsächlich nicht zu jedem kleinen Jungen auf dieser Welt gleichzeitig kommen könnte, wartete Grandma Clare am Londoner Flughafen auf ihren Aufruf. Schon während der Taxifahrt war ihrer Freundin Marianne aufgefallen, dass Clare irgendetwas eingehend beschäftigte. Sie beobachtete sie genauestens und wunderte sich schließlich nicht allzu sehr, als Clare in ihrem Adressbüchlein herumstöberte und ihr dann eine Anschrift unter die Nase hielt: „Hier, kennst du noch Chris?“
„Ja, doch“, antwortete Marianne zögernd. „War das nicht diese Aupair-Mädchen, das bei dir vor zehn Jahren im Haushalt gearbeitet hat?“
„Genau die“, bestätigte Clare, als habe sie soeben den ersten Preis gewonnen. „Und sie wohnt gar nicht weit weg von Sally und Frieder!“
„Und...?“ fragte Marianne vorsichtig. „Zu der hast du doch gar keinen Kontakt mehr, oder?“
„Och, hin und wieder schon!“ behauptete Clare, dann verkündete sie: „Ich habe da so eine Idee“, entschuldigte sich und marschierte zielstrebig auf eines der Telefone zu.
„Aber unser Flug...“, Marianne winkte lachend ab. Ihre Freundin hatte eine Idee und war nicht mehr zu bremsen. Sie hoffte nur, dass die Verwirklichung dieser Idee nicht allzu lange dauern würde.

Im Gegensatz zu Frieders Mission verlief Clares recht erfolgreich. Sie erreichte eine vollkommen überraschte Chris, die sich nach dem ersten Begrüßungswortschwall von Kevins Krankheit und Genesung berichten und von Clares Idee begeistern ließ.
Das Telefonat endete recht abrupt, weil Clares Flug bereits zum zweiten Mal aufgerufen worden war und Marianne wild winkte und gestikulierte. „Ich verlass mich auf dich!“ schloss Clare. „Tu das, ich denke mir schon was Hübsches aus!“ versprach Chris, dann hängten beide ein.



 
Auf Santa ist Verlass (Teil II)
Sally und Frieder verließen das Krankenhaus am Heilig-Tag am frühen Nachmittag mit gemischten Gefühlen. Kevin hüpfte und strahlte und erzählte von nichts anderem als von Santa und von all seinen Wünschen, die er hatte. Seine von der Krankheit noch etwas eingefallenen Wangen fingen an zu glühen. In seinen Augen stand genau das Glitzern, das jedes Kind am Vorweihnachtsabend haben sollte. Sally und Frieder sahen sich verzweifelt an. Je näher sie zu ihrem Haus kamen, desto bewusster wurde ihnen, dass sie die große Enttäuschung nicht mehr abzuwenden vermochten. Sie warfen sich verstohlen besorgte Blicke zu, als sie um die Ecke bogen und die Hauseinfahrt hinauffuhren. Gleich würden sie die Haustür aufschließen, aber kein geschmückter Tannenbaum würde sie – wie sonst – im großen Flur begrüßen. Keine Girlanden würden die Wände schmücken. Nicht einmal die Weihnachtskarten hingen – wie Sally sonst an der englischen Tradition festhielt – an einer langen Schnur quer durchs Wohnzimmer. Sie seufzte und sah bedrückt auf ihre Schuhe, als Frieder abrupt den Wagen stoppte.
„Huch!“ entfuhr es Sally. Erschrocken sah sie ihren Mann an.
„Whow!“ kam Kevins überraschte Stimme aus dem Hintergrund.
Sally drehte sich zu ihm um, dann folgte sie unsicher seinem Blick. An der Haustür stand in einem großen Kübel eine bläulich schimmernde Edeltanne. Ihre Zweige waren sorgsam zusammengebunden. Ein großer offener Karton stand daneben. Aus ihm ragten bunte Girlanden, Strohsterne in verschiedenen Größen, kunterbunte Weihnachtsbaumkugeln und silbernes Lametta.

Vor Staunen brachte Sally kein Wort heraus. Kevin sprang als erster aus dem Wagen. Er griff in den Karton und zog mehrere weihnachtlich verpackte Päckchen heraus. Strahlend drehte er sich zu seinen Eltern um, die zögernd näher kamen. Frieder entdeckte den großen Bratentopf, der sorgsam mit Geschirrtüchern abgedeckt war. Kopfschüttelnd drehte er sich zu Sally um. Die stand vor dem Tannenbaum und hielt ein Kärtchen in der Hand.
„Mami, was ist das?“ fragte Kevin neugierig.
„Oh, ein kleiner Gruß von Santa Claus“, erklärte Sally ernsthaft. Lächelnd hielt sie die Karte Frieder hin. Er las: „Herzliche Grüße vom Weihnachtsmann, macht das Beste aus dem Fest, alles Liebe – Chris.“
„Was schreibt er denn?“ fragte Kevin.
„Nun“, Frieder räusperte sich, „er schreibt, dass er das Schmücken des Weihnachtsbaumes nicht selbst geschafft hat. Ob wir das wohl ausnahmsweise selbst tun können.“
„Klar“, erklärte Kevin großzügig, „wir haben ihm diese Jahr aber auch wirklich viel Arbeit gemacht mit dem Krankenhaus und so...“
„Stimmt“, bestätigte Frieder und grinste Sally an.
(Octavia Bender)

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Die Liebe Gottes​

Großvater war alt. Seine Beine waren steif, sein Herz schwach, doch sein Geist wach und offen. Ins Kabinett des Hauses, in dem sein Sohn wohnte, hatte man ein Bett für ihn gestellt, dazu ein Nachtkästchen, ein Handy für den Notfall, Radio und Fernseher als Ablenkung.
Ablenkung – wovon? Vom Leben? Vom Sterben?
Was war das für ein Leben! Morgens versorgte ihn die Schwiegertochter, wusch ihn ein wenig und verabschiedete sich dann für den Tag. Mittags kam Enkel Andreas von der Schule und teilte mit ihm sein in der Mikrowelle gewärmtes Mittagessen, setzte sich ein wenig zu Großvater und drückte ihm seine Hand. „Erzähl ´mir von früher, als du klein warst!“ bat er dann meistens. „ Was möchtest du denn hören? Die Zeiten waren anders, ganz anders!“

Körperlich alterte der Mann stetig. „Am besten, wir geben ihn in ein Heim“ sagte eines Abends die Schwiegertochter zu ihrem Mann. „Was ist das noch für ein Leben! Ein tägliches Warten auf das Sterben! Es ist mir einfach zu anstrengend!“ „Ja“, meinte dieser, „ es wird wohl das Beste für uns alle sein!“
Und so suchte der Sohn für seinen alten Vater nach einer geeigneten Bleibe. Es dauerte nicht lange, da hatten sie ein schönes Pflegeheim gefunden.
„Wir haben einen Platz für dich, wo du gut aufgehoben bist!“ sagte am Vorabend der Übersiedlung die Schwiegertochter zum Vater. „ Es wird dir sicher gefallen. Es liegt ganz nahe, so können wir dich leicht besuchen!“
Was hätte Großvater antworten sollen? Er nickte ein zustimmendes „Ja“ und fragte nur: „Andreas, was sagst du dazu? Wirst du manchmal zu mir kommen?“

Die Umstellung aber bedeutete etwas Neues in Großvaters Leben und in seinem Alltag. Morgens wurden die Alten, wenn sie nicht mehr gehen konnten, in ihren Rollstühlen in den großen Aufenthaltsraum geschoben. Dort flimmerten, viel zu schnell für sie, die bunten Bilder vom Fernseher den ganzen Tag lang. Zur Ablenkung.
Ablenkung? Wovon? Vom Leben? Vom Sterben?
Im Sommer war das noch anders gewesen: damals waren die Heimbewohner in ihren Rollstühlen in den Schatten des großen Lindenbaumes im Hof geführt worden, oder in den kleinen bunten Blumengarten mit Hochbeeten, bei deren Anlegen die „Ehrenamtlichen“ geholfen hatten. Zwischen den Büschen am Rand tummelten sich Scharen von Spatzen, flatterten und zwitscherten fröhlich. Über allem der blaue Himmel, die langsam dahin ziehenden weißen Wolken, deren Form sich laufend veränderte, und wer das beobachten konnte, dem war die Zeit nicht mehr von Bedeutung. „Wie schön diese Wolke ist!“ rief eine alte Frau .
Und Besucher kamen und setzten sich gerne für ein Plauderstündchen dazu.

Doch jetzt war es Spätherbst geworden. Draußen welkten die Blumen und die Blätter fielen von der Linde. Langsam, eines nach dem anderen. Sie fielen sanft zur Erde. Die Wege im Hof waren mit einem gelben Teppich überzogen.

Andreas kam oft nach dem Nachmittagsunterricht vorbei. Großvater stellte ihm seine Lieblingsschwester vor, eine fröhliche, junge Frau, die ihren Beruf liebte. „ Heute hat wieder einmal Schwester Paulina Dienst!“ bemerkte er und lächelte seinem Enkel mit Augenzwinkern zu.
So war der neblige Herbst nicht trostlos, und die langen Tage leichter zu ertragen.
Mutter sah die Besuche ihres Sohnes im Heim nicht gerne, sie bemerkte eine gewisse Verträumtheit und ein Desinteresse an schulischen Dingen. „Du lernst zu wenig“, meinte sie eines Tages, du wirst die Klasse nicht schaffen!“

In den Wochen des Advent gab es für die Heimbewohner vorweihnachtliches Programm. Die großen Kinder des Kindergartens kamen und sangen die seit Jahrhunderten gleich gebliebenen Weihnachtslieder. „Ihr Kinderlein kommet“. „Alle Jahre wieder“. „Süßer die Glocken nie klingen“. Sie schenkten den Alten kleine Glöckchen zum Läuten und Mitsingen. Erinnerungen von früher fielen da ins langsam gewordene Gedächtnis ein, Erinnerungen aus der Vergangenheit ans Christkind. In jedem flackerte erneut sein eigenes Lebenslicht auf, und wer noch irgendwie zu fühlen imstande war, erlebte seine Kinderzeit wieder.

In der zweiten Adventwoche erschienen Schüler der nahen Volksschule und spielten die Weihnachtsgeschichte. Sie banden die alten Menschen mit ein, gaben ihnen die Rolle von Hirten oder den Heiligen Drei Königen. Großvater übertrugen sie den Josef, und das kleine Brüderchen eines Schülers, ein paar Monate alt, lag doch glatt als lebendiges Jesuskind in einer „Krippe“! Dies sorgte natürlich für viel Kurzweil. Denn alles wurde dargestellt: die Herbergsuche mit dem Lied „Wer klopfet an?“, die Verkündigung der Geburt des kleinen Kindes den Hirten durch die Engel, die Geschenke, die die Heiligen Drei Könige mit brachten.
Uralte Menschheitsthemen: das Hell werden der dunkelsten Nacht, die zugleich dunkelste Zeit ist oder die Suche nach einer Herberge, einem schützenden Dach über dem Kopf: Ablehnung oder Annahme des Menschen, und dem Göttlichen in ihm. Ausgeschlossen werden und einschließen, so wie es damals wie heute überall auf der Welt geschieht.
Andreas traf mitten ins Spiel hinein und bemerkte gleich die Tränen auf Großvaters Wangen.
„Bald ist Weihnachten!“ sagte er zu seinem Enkel, „bald!“
„Ja“, antwortete der Bub, „Dann kommen wir alle auf Besuch zu dir!“

Eines Morgens waren die gelben Blätter im Hof hauchzart vom ersten Schnee bedeckt. Das Weiß des Winters löste die bunten Farben des Herbstes ab. Weihnachten rückte näher. Am vierten Adventsonntag trat ein Chor im Heim auf. Die in bunte Tracht Gekleideten sangen schöne Weihnachtslieder aus Kärnten. „Wo is denn im Schnee no a Wegle zu dir, Kindle klan, Kindle fein…“
„wirst mi tröstn, wirst mi tragn, wirst mei Liacht ume sein“….
Sprechen nicht alle Texte von demselben? Vom Trost , vom Licht in der Weihnachtszeit? Großvater weinte wieder, wie das bei den alten Menschen so leicht geschieht, wenn die Tropfen der Erinnerung zu tief ins Gemüt eintauchen.
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Der Heilige Abend war endlich gekommen. Andreas wurde von seinen Eltern zur Kindermette geschickt, vorher schaute er aber noch bei Großvater vorbei. Der saß allein im Zimmer und wirkte müde, doch sein Gesicht war irgendwie verändert. Waren seine Augen anders als sonst? Schwester Paulina war bei ihm.
„Lieb von dir, dass du gekommen bist!“, brachte der alte Mann mühsam hervor. „Ich bin müde, sehr müde! Paulina hat heute Nachtdienst, du weißt, sie ist meine Lieblingsschwester!“ „Setz dich zu ihm, Andreas“, meinte Paulina, „ich muss noch zu den anderen schauen!“
Und so blieb Andreas.
„Mir ist eine Geschichte eingefallen, die ich dir noch nie erzählt habe! Die ich noch niemandem erzählt habe! - Möchtest du sie hören?“
„Ja, bitte, Opa, hast du sie erfunden?“ „Nein“, antwortete dieser und schüttelte seinen Kopf. „Das ist keine erfundene Geschichte! Sie ist wirklich wahr!“
Und so erzählte Großvater langsam, Satz für Satz, als würde er seinem Enkel Erinnerungen vorlesen, aus dem Buch seines eigenen Lebens, seines eigenen langen Lebens.
„Es war Heiliger Abend in meiner Jugendzeit. Wie immer feierten wir alle gemeinsam Weihnachten. Meine Eltern waren erschöpft und bald schlafen gegangen. Ich aber hatte mir vorgenommen, zur Christmette zu gehen. Ich wusste, dass ich allein gehen würde. Das störte mich nicht, denn ich wollte so gerne nochmals in die dunkle Nacht hinaus, ganz für mich. Auf den Wegen lag noch Schnee, und die Luft war kalt und hielt mich wach.
Damals hatte ich einen großen Wunsch, ja, einen ganz besonderen: ich wollte, es möge mir das Christkind begegnen. Wie sollte dies geschehen? Als die Mette aus war, auf dem Heimweg, spürte ich dann plötzlich eine große Liebe, nicht außen, nicht innen, einfach überall. Diese Liebe war anders als die, die ich schon gekannt hatte, vom ersten Verliebt – sein her oder von Freunden. Ich war wie in einen Mantel gehüllt. Drei Tage lang hielt diese Liebe an. Dann verschwand sie langsam. Nie wieder in meinem langen Leben habe ich so etwas wie damals empfunden. Jetzt ist es mir wieder eingefallen, ich hatte es längst vergessen!“
Großvater atmete tief. „ Bist ein lieber Bub“, sagte er, bewahr` dir dein gutes Herz! So, und nun geh nach Hause, Andreas, und lass alle lieb grüßen von mir!“
Paulina betrat das Zimmer. Andreas wünschte eine „Gute Nacht“ und winkte den beiden noch einmal von der Türe zurück.

Draußen war es finster geworden. Die Kindermette war längst vorbei, das Tor der Kirche versperrt. Andreas lief nach Hause. Er traf seine Mutter in der Küche an und gab die Grüße von Großvater weiter. „Wie geht es ihm?“ fragte sie. „ Sehr schwach und müde!“ antwortete der Bub.

Als am späten Abend die Bescherung stattfand und alle unter dem Lichterbaum feierten, unterbrach das Läuten von Vaters Handy die Weihnachtsstimmung. Es war ein Anruf von Schwester Paulina, die dem Sohn mitteilte, dass sein Vater eben ganz friedlich in seinem Sessel eingeschlafen und gestorben war.
„ Warum hat er nicht warten können?“ meinte die Mutter. „Morgen wollten wir ihn doch alle besuchen!“
„Nein“, sagte Andreas zu ihr. „Heute ist doch das Christkind gekommen!“
Und er weinte und war sich seiner Antwort ganz sicher, da er viel mehr wusste als seine Eltern.
(Annemarie Albert)